Magdeburg, Los Angeles Er war ein Teenie-Idol mit Manga-Emo-Frisur und nicht älter als seine jungen Fans – heute sieht sich Tokio- Hotel-Frontmann Bill Kaulitz als Überlebender eines Überflieger-Erfolgs-Kriegs und der Stalker-Hölle. So schreibt es der 31-Jährige in der Autobiografie „Career Suicide – Meine ersten dreißig Jahre“, die er jetzt vorlegt. Das 400-Seiten-Werk fängt an mit der Zeugung der Zwillingsbrüder Bill und Tom an Silvester 1988. Sie entstehen bei einem One-Night-Stand ihrer eigentlich schon getrennten Eltern. Als frühreife, rotzige, abgeklärte Jungen seien sie aufgewachsen, denen Kindergarten und Schule so gar nicht passten. Die Karriere ist der Weg raus aus dem banalen, ärmlichen Alltag. Zugleich gehen Freiheit und Selbstbestimmtheit mit einem Schlag verloren und bleiben es auf viele Jahre. Scheinbar bleibt nur der Ausweg, ganz weit wegzugehen.
Das Vorwort zum Buch hat der Schriftsteller Benjamin von Stuckrad-Barre (45) geschrieben: „Was sie da getan haben und tun, Superstars werden und sind, man bezahlt es so oder so mit dem eigenen Leben: Die Kunstfigur ist Rettung und Verderben, war das Ticket hinaus aus der Bushäuschen-Enge von Magdeburg Loitsche …“
Zurück blickt Kaulitz in seinem Buch von seinem Traumhaus in den Bergen von Hollywood aus. Dort sitzt er. Selten habe er sich so einsam gefühlt. Die Coronapandemie hat die Südamerika-Tour ausgebremst. Inzwischen wird über die Kaulitz-Zwillinge eher im Zusammenhang mit Toms Gattin Heidi Klum berichtet.
Angekommen ist Kaulitz in 30 Jahren nicht wirklich. An einer der deutlichsten Stellen schreibt er, alle um ihn hätten sich irgendwie weiterentwickelt. „Und ich? Ich bin irgendwie immer noch hier und jage meinen Traum. Alleine. In meinem Haus in den Hollywood Hills. So weit entfernt wie nur möglich von dem Ort, von dem ich einmal kam.“