Mit Frauen am Seil hoch hinauf

Menschen / 23.08.2021 • 17:48 Uhr
Auf dem Gletscher heißt es gut aufpassen. Deshalb wird das geübt.
Auf dem Gletscher heißt es gut aufpassen. Deshalb wird das geübt.

Martin Bentele engagiert sich bei den Naturfreunden für das Frauenbergsteigen.

Bregenz „Warum gibt es so wenige Frauen, die hochalpine Touren führen?“ Martin Bentele (65) beschäftigte sich immer wieder einmal mit dieser Frage. Eine Antwort lautet: „Viele trauen es sich nicht zu“, aber: „Warum eigentlich nicht?“, fügt er an und verweist auf die Geschichte des Alpinismus, die belege, welch großartige Leistungen Frauen in den Bergen schon erbracht hätten und immer noch erbringen. Offenbar spielen aber auch tradierte Rollen mit. „Ich fühle mich bei einem Mann sicherer“, bekam Martin Bentele bei einer Ausbildungswoche der Naturfreunde in der Silvretta von einer Teilnehmerin zu hören. Er will das so nicht stehenlassen und Frauen ermutigen, eine nach wie vor von Männern beherrschte Domäne zumindest ein bisschen aufzumischen. Deshalb führt der inzwischen pensionierte Sozialarbeiter seit einigen Jahren regelmäßig Kurse unter dem Motto „Frauen Berg Steigen“ durch. „Ich bin sicher, dass viele Frauen den Wunsch haben, mit mehr Selbstständigkeit und Kompetenz in die Berge zu gehen“, sagt Bentele.

Wissen weitergeben

Ihn hat es von Kindesbeinen an ins Gelände gezogen. „Mein Bruder und ich waren gerne am Pfänder oder Känzele unterwegs“, erinnert sich Martin Bentele an viele gemeinsame Abenteuer, die in ihm die Liebe zu den Bergen weckten. 1980 absolvierte er bei den Naturfreunden den ersten Alpinkurs und bildete sich in der Folge bis zum Instruktor Hochalpin weiter. In den 1980er-Jahren fanden auf seinen Vorschlag hin auch die ersten Kurse für Frauenbergsteigen in der Silvretta statt. Irgendwann schliefen diese Aktivitäten jedoch ein. Erst vor ein paar Jahren wurden sie wieder reaktiviert. Getan hat sich in der Zwischenzeit wenig. „Es gibt bei den Naturfreunden lediglich zwei Instruktorinnen für alpine Touren“, erzählt Bentele. Ein Umstand, den er mit seinem Engagement gerne ändern möchte. „Gerade das Hochgebirge lockt mit seiner Urspünglichkeit und besonderen Schönheit. Wir erfahren uns tief berührt, oft gefordert, aber auch glücklich“, schildert er seine Erfahrungen, die er, gepaart mit Wissen um das richtige Verhalten in den oft unwirtlichen und gefährlichen Zonen den Frauen weitergeben will.

In dieser einmal jährlich durchgeführten speziellen Ausbildungswoche der Naturfreunde Vorarlberg haben Frauen jeden Alters die Möglichkeit, sich grundlegende Kenntnisse und Fähigkeiten für das Bergsteigen im Hochgebirge anzueignen bzw. zu vertiefen oder auszubauen.

Lernen und erfahren

Mit gutem Beispiel vorangehend, hat Martin Bentele dabei mit Tamara Rautinger auch eine erfahrene Bergsteigerin an seiner Seite. Gelernt und erfahren wird, was für ein sicheres Steigen im Gelände notwendig ist: Tourenplanung, Wetterkunde, Klettertechnik, Gletscherbegehung, Spaltenbergung, Sicherungstechniken, Erste Hilfe, aber auch Kenntnisse über Blumen, Tiere und Landschaft werden vermittelt. Bentele will die Frauen in einer aktiven Rolle sehen, denn: „Das schafft Selbstbewusstsein und Vertrauen in sich selbst.“ Am diesjährigen „Frauen Berg Steigen“ nahmen sieben Frauen im Alter zwischen 30 und 55 Jahren teil. Im Herbst ist eine gemeinsame Tour auf den Piz Buin geplant.

Bentele selbst braucht keine weiten Reisen oder Expeditionen,um das Glück von Gipfelsiegen zu erleben. Er fühlt sich in den Bergen vor der Haustür wohl. Eigentlich wollte der Supervisor ja Sportlehrer werden. Doch die beruflichen Pläne änderten sich. „Jetzt bin ich eben Berglehrer“, sagt Martin Bentele mit einem spitzbübischen Lächeln. VN-MM

„Im Hochgebirge erfahren wir uns tief berührt, oft gefordert, aber auch glücklich.“

Mitten im Sommer im Schnee: Auch da fühlt sich Martin Bentele wie zu Hause und vermag dies in unbändiger Freude auszustrahlen.

Mitten im Sommer im Schnee: Auch da fühlt sich Martin Bentele wie zu Hause und vermag dies in unbändiger Freude auszustrahlen.

Martin Bentele schaut genau hin, denn der richtige Griff am Berg kann lebensrettend sein.
Martin Bentele schaut genau hin, denn der richtige Griff am Berg kann lebensrettend sein.
Zum Abschluss durfte ein Gruppenbild nicht fehlen. Die Frauen kamen aus Deutschland, der Schweiz, Oberösterreich und Vorarlberg.

Zum Abschluss durfte ein Gruppenbild nicht fehlen. Die Frauen kamen aus Deutschland, der Schweiz, Oberösterreich und Vorarlberg.

Zur Person

Martin Bentele

Engagiert sich bei den Naturfreunden für das Frauenbergsteigen

Alter 65

Ausbildung Sozialarbeiter, Supervisor/Coach, Instruktor Hochalpin, langjähriges Mitglied des Bundeslehrkaders der Naturfreunde und Ausbildner

Familie in Partnerschaft