Es darf gemostet werden

Menschen / 20.10.2021 • 18:17 Uhr
Ein Gläschen Most in Ehren . . . mit Gattin Susanne schmeckt der Obstsaft besonders gut.

Ein Gläschen Most in Ehren . . . mit Gattin Susanne schmeckt der Obstsaft besonders gut.

Gerold Amann aus Koblach ist dem besonderen Saft verpflichtet.

Koblach Es ist halb zehn Uhr morgens in Koblach. Es rumpelt und pfeift im Bofel 8. Gerold Amann ist in seinem Element. Mit dem Kipper schaufelt der 59-Jährige eine Ladung Äpfel nach der anderen in den geräumigen Holzsilo. Von dort werden die Früchte durch einen Förderschacht in die Mühle transportiert, zerkleinert und der Bandpresse zugeführt. Schließlich füllt sich die Wanne mit dem köstlichen Saft – Süßmost vom Feinsten.

Nur noch Äpfel

Es ist Mosterzeit. Bei Gerold Amann braucht es dazu nicht nur den Herbst. „Ich produziere ja auch während des Jahres“, brummt der Koblacher und spricht angeregt über die heurigen Äpfel. „Birnen hat es ja kaum gegeben. Die hat fast alle der Frost dahingerafft. Wobei ohnehin fast nur noch Äpfel gemostet werden.“

Gerold Amann ist zu einem Fulltime-Moster und Schnapsbrenner geworden. Den Obstbau hat er vor drei Jahren trotz der Frostberegnungsanlage aufgegeben. „Du wirst älter. Und das war schon alles ein Stress. Vor allem weil die Natur immer verrückter wird. ich hatte immer wieder schlaflose Nächte und habe um die Ernte gebangt“, erzählt der Landwirt von rast- und ruhelosen Zeiten mit viel Druck.

Dass er sein Leben dem Obstanbau und der Obstverwertung widmen würde, war bei ihm vorgezeichnet. Der Vater hatte den Betrieb einst gegründet. Gerold machte eine Lehre. „Da blieb sonst niemand mehr übrig, der das Ganze hätte übernehmen sollen“, gibt der Koblacher Einblicke in seine Lebensgeschichte. Doch bald wurde aus dem leichten familiären Zwang Leidenschaft. Gerold wusste: „Das ist meins.“

Vision Ruhestand

Seit 1990, als er vom Vater übernahm, ist der Koblacher allein für den Betrieb verantwortlich. Meist war er allein. „Einmal hatte ich für kurze Zeit einen Angestellten, aber das hat sich einfach nicht rentiert.“

Derzeit mostet Amann, der von seiner Frau Susanne tatkräftig unterstützt wird, drei bis vier Mal die Woche. „Am Vormittag produziere ich meinen eigenen Saft, am Nachmittag bearbeite ich die Aufträge der Kunden.“ Die schleppen ihr Obst heran und lassen es vom Profi zu köstlichem Most verarbeiten.

Zirka 200.000 Liter Most wird Amann heuer produzieren. Etwas weniger als sonst, weil die Ernte entsprechend geringer ausfiel. Zufrieden ist der Obstexperte mit der Qualität der Äpfel. „Die ist gut, auch wenn der Zuckergehalt wegen des vielen Regens ein bisschen geringer ausfiel.“

Gerold Amann liebt seinen Job. Aber immer mehr liebt er auch die Vorstellung, wie sein Leben im Ruhestand einmal sein wird. „Ich hatte ja praktisch nie Urlaub. Da ging sich höchstens einmal ein Wochenendausflug aus“, sagt er ohne zu jammern. Sein Blick schweift zur offenen Garage gegenüber der Mosterei. Dort steht ein alter Traktor. „Irgendwann möchte ich Zeit für solche Dinge haben und herummontieren.“ Bis dahin wird er freilich noch etliche Hektoliter köstlichen Most produzieren. VN-HK

„Als ich Moster wurde, war ein sanfter Zwang mit im Spiel. Später kam die Leidenschaft.“

Die Äpfel gelangen vom Holzsilo in den Förderschacht und von dort zur Mühle. VN/Stiplovsek
Die Äpfel gelangen vom Holzsilo in den Förderschacht und von dort zur Mühle. VN/Stiplovsek
Gerold Amann heimste mit seinen Schnäpsen einige Preise ein. Darauf ist er zurecht stolz.

Gerold Amann heimste mit seinen Schnäpsen einige Preise ein. Darauf ist er zurecht stolz.

Gerold Amann bei seiner Bandpresse. Derzeit wird drei bis vier Mal die Woche gemostet.

Gerold Amann bei seiner Bandpresse. Derzeit wird drei bis vier Mal die Woche gemostet.

Auch der Traktor gehört zum Geschäft. Damit bedient Amann den Kipper.

Auch der Traktor gehört zum Geschäft. Damit bedient Amann den Kipper.

Nur aus Äpfeln in guter Qualität gewinnt man auch guten Most.

Nur aus Äpfeln in guter Qualität gewinnt man auch guten Most.

Zur Person

Gerold Amann

Seit 1990 führt der Obstbauer eine Mosterei und Schnapsbrennerei. Den Obstbau hat er aufgegeben.

Geboren 1. Jänner 1962

Beruf Moster, Schnapsbrenner

Wohnhaft Koblach

Familie verheiratet

Hobbys Radfahren, Oldtimer

Lieblingsspeise Wiener Schnitzel