Harter Weg zum Shaolin

Johannes Casar gibt weiter, was er von einem Mönch aus China gelernt hat.
BREGENZ Das Schicksal hat Johannes Casar gehörig zugesetzt. Besonders im Jahr 2010: Auf ein Burnout folgten Jobverlust und Scheidung. Er erkrankte an schwerer Arthrose. Dann starb sein Sohn im Alter von 22 Jahren. Casar hatte große Mühe, all das zu verkraften.
Begegnung im Wald
Das änderte sich, als er eines Tages, während eines Waldspaziergangs, dem Shaolin-Meister Chai Chen begegnete. Der Angehörige des buddhistischen Mönchsordens in China hielt sich in Vorarlberg auf, um Seminare zu halten. „Chai Chen sah mir an, dass es mir nicht gut ging und bot mir seine Hilfe an“, erzählt Casar. „Er zeigte mir Kung-Fu-Techniken. Dann lud er mich ein, mit ihm zu trainieren. Er wurde mein Sifu – mein Lehrer und Meister.“ Jeden Tag habe Casar seinen Sifu aufgesucht, der ihm neben Kung-Fu auch in Chi Gong und Meditation unterwies und ihm die Prinzipien der Shaolin sowie den Chan-Buddhismus näherbrachte. Schließlich kehrte Chai Chen nach China zurück, und Casar ging seinen Weg allein weiter.
„Durch
Chai
Chen hat sich mein Leben völlig verändert“, sagt Casar. „Ich hatte wieder Lebenswillen und Energie.“ Er hatte auch wieder einen Job: eine Wintersaison als Security in einem Hotel in Lech. Dort traf er Silvana, seine neue Partnerin, mit der er in Bregenz wohnt.
Zwischenzeitlich fand Casar wieder Arbeit in seinem erlernten Beruf als Elektrotechniker, „und die Arthrose habe ich gut im Griff“. Er braucht keine Medikamente mehr.
Anfang des Jahres gründete Casar „Shaolin Bodensee“ und wurde selbst ein Sifu. „Denn beim Abschied hat mich Chai Chen dazu verpflichtet, weiterzugeben, was er mir beigebracht hat.“ „Shaolin Bodensee“ ist kein Verein, betont der 55-Jährige, sondern eine Gruppe Menschen, mit der er dreimal pro Woche Kung-Fu trainiert. „Am Anfang hatte ich einen Schüler“, erinnert er sich, „mittlerweile ist eine Stammmannschaft von etwa zehn Schülern entstanden“.
Harte Arbeit
Das Training ist ziemlich anstrengend und verlangt von den Lernenden hohen körperlichen Einsatz. „Kung-Fu heißt harte Arbeit, und das ist es auch“, stellt der Sifu klar. Allerdings unterrichtet er seine Schüler nicht nur in der Kampfkunst, er macht sie auch mit der Lebensweise der Shaolin-Mönche vertraut. Dazu gehört ein Begrüßungsritual, mit dem jedes Training beginnt.
„Das ist wichtig, weil es Respekt und Achtsamkeit ausdrückt“, erklärt Casar. Eines der Shaolin-Prinzipien lautet nämlich: „Nur durch Achtsamkeit kommt die Einsicht in andere und in dich selbst.“ Casar lädt jeden, der Interesse hat, ein, am Training teilzunehmen: „Wir treffen uns dienstags und donnerstags ab 17.30 Uhr und sonntags ab 8.00 Uhr beim Waldspielplatz Hard.“ Nein, das kostet nichts, beantwortet er die Frage, ob ein Mitgliedsbeitrag zu entrichten sei. Bei „Shaolin Bodensee“ allein bleibt es wohl nicht. Casar hat bereits Anfragen, Seminare zu halten. „Ich bin aber erst in der Planungsphase“, sagt er. Hingegen ist ein Buch über seinen Weg zum Shaolin bereits in Arbeit. Es soll eine Art Ratgeber werden: „Ich möchte damit Menschen, die in einer Krise sind, Hoffnung geben.“ Außerdem möchte er zu Achtsamkeit und Dankbarkeit mahnen und zu einem bewussten Leben hinführen. Johannes Casar meint, „jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür“. HRJ
„Chai Chen hat mich dazu verpflichtet, weiterzugeben, was er mir beigebracht hat.“



Zur Person
JOHANNES CASAR
Geboren 27. 5. 1966
Wohnort Bregenz
Beruf Elektrotechniker
Familie verpartnert mit Silvana
Kontakt Shaolin Bodensee, shaolin.bodensee@gmail.com, T. +43664 88510688