„Clown sein kann ich am besten“

Menschen / 31.05.2022 • 17:14 Uhr
Als Clownfrau bringt Lisa Suitner auch schwierige Themen auf die Bühne. Niklas Koch
Als Clownfrau bringt Lisa Suitner auch schwierige Themen auf die Bühne. Niklas Koch

Lisa Suitner, alias Lillilu, ist eine Clownfrau, die auch Tabuthemen aufgreift und humorvoll auf die Bühne bringt.

Feldkirch Der Krebstod ihres Vaters vor zwei Jahren war der bisher schlimmste Schicksalsschlag in ihrem Leben. Sein Tod zog Lisa Suitner (36) den Boden unter den Füßen weg. Es war nicht ihre erste Berührung mit dem Tod. Als sie 15 Jahre alt war, verlor sie ihre Halbschwester. Deren früher Tod machte Lisa nachdenklich. Damals schon begann die Feldkircherin sich mit der eigenen Sterblichkeit auseinanderzusetzen. Im Westen hat der Tod im Alltag keinen Platz, wohl aber im Osten. Als Lisa nach der Matura sechs Monate durch Indien reiste, lebte sie für eine Weile in Varanasi. Diese Stadt gilt als spirituelle Hauptstadt Indiens und zieht unzählige Hindu-Pilger an, die hier im heiligen Wasser des Ganges baden und Bestattungsrituale vornehmen. „Der Tod ist an diesem Ort allgegenwärtig. Tote werden durch die Straßen an den Fluss getragen und am Ufer verbrannt.“ Lisa fand es schön, „dass der Tod hier als normaler Teil des Lebens akzeptiert wird“.  

Gern im Rampenlicht

Indien war ein voller Erfolg für Lisa, die noch vor der Matura die Theaterwerkstätte der Musikschule besucht hatte und Schauspiel oder Musik studieren wollte. Denn dort entdeckte sie sich als Musikerin und Sängerin. „Ich habe jeden Tag mit anderen Musikern auf verschiedenen Plätzen musiziert. Die junge Frau, die unter anderem Gitarre, Blockflöte und das indische Instrument Shehnai spielen kann, setzte auch gekonnt ihre Stimme ein. „Ich habe schon immer gern gesungen, dachte aber, dass ich nicht singen kann.“ Als Kind stellte sie sich bei Familienfesten gerne auf den Tisch und gab Lieder zum Besten. „Ich war schon immer eine Rampensau.“

Reisen statt Studieren

Ihre Pläne in Sachen Studium wichen der Reiselust. „Ich wollte nur noch reisen.“ In Irland arbeitete sie mehrere Wochen lang in einer Pension, in England trat sie erstmals als Straßenmusikantin auf. Auch auf Hippie-Festivals spielte und sang sie. „Menschen mit einer alternativen Lebensweise zogen mich an. Sie zeigten mir, dass man anders leben kann.“ Die Tochter des Feldkircher Stadtamtsdirektors wurde selbst zum Hippie. „Ich wollte frei sein.“ Sie bereiste unter anderem Portugal, Frankreich, Italien, Bulgarien, die Türkei, Finnland, Marokko und Teneriffa. Den Lebensunterhalt verdiente sie sich zum Teil mit Straßenmusik.

Aber dann kam der Tag, an dem Lisa, die inzwischen verheiratet und Mutter eines Sohnes war, zu sich sagte: ,Lisa, du musst etwas lernen, um unabhängig sein zu können.‘ Als ihr eine Freundin sagte, dass sie sich in der Clownschule Tamala in Konstanz zur Clownfrau ausbilden lässt, war Lisa wie elektrisiert. Ab da war ihr klar, dass sie diese dreijährige Ausbildung auch machen will. „Ich hatte das Gefühl, dass ich als Clownfrau alle meine Talente vereinen und einsetzen kann.“ Nach Schulabschluss machte sich Lisa als Clownin selbstständig. Ihre erste Sporen als „Lillilu“ verdiente sie in Altersheimen. Sie arbeitete auf Demenzstationen, später an der Musikschule, „wo ich als Clown in den Unterricht platze“.

Aber vom Clownberuf allein konnte sie nicht leben. Als sich die Chance zur Regieassistenz bei diversen Theaterproduktionen auftat, griff sie zu. Seit einigen Jahren gibt Lisa zudem mit Begeisterung Kindern und Jugendlichen Unterricht in Sachen Clownerie. Erfolge verbuchte sie auch als Schauspielerin, unter anderem mit einem Solostück, das die Sterbehilfe thematisierte. Mit „Ablaufdatum“ heimste sie den Publikumspreis ein. Die freischaffende Künstlerin, die sich an einer internationalen Zirkusschule in Granada und beim bekannten US-Clown Jango Edwards fortbildete, sieht sich aber primär als Clown. „Clown sein kann ich am besten. Das bin ich.“ Sich selbst sieht sie als feinfühlige Clownfrau, die mit Musik arbeitet und gerne Geschichten auf die Bühne bringt, für die sie brennt und die eine gewisse Tiefe haben.

Anlässlich des heutigen Kinderhospiz- und Palliativtages hat die Spaßmacherin ein eigenes Theaterstück für Kinder, Jugendliche und Erwachsene geschrieben und darin die Themen Tod und Sterben liebevoll, sensibel und humorvoll verpackt. Heute, am 1. Juni, wird es um 11 und 19 Uhr im Theater am Saumarkt in Feldkirch aufgeführt. Es gibt noch Karten.  „Gerade der Clown hat die Möglichkeit, Tabu-Themen anzusprechen. Durch seine Verspieltheit und Unschuld kann er auch schwere Themen mit Leichtigkeit behandeln und dabei trotzdem berühren. Das ist gerade beim Thema Tod und Sterben wichtig. Trauer beinhaltet viele Gefühle, und all diese Gefühle sind gut und wichtig. Im Ausdruck seiner Gefühle ist der Clown ja Weltmeister“, findet Lisa, dass der Tod besprochen gehört und in die Mitte des Lebens gerückt werden sollte. VN-KUM

„Der Tod gehört besprochen. Er soll Platz in der Mitte unseres Lebens haben.“

Lisa Suitner hat auch schon mit ihrer Nichte Fabiola gespielt.
Lisa Suitner hat auch schon mit ihrer Nichte Fabiola gespielt.
Künstlerin Lisa Suitner tritt auch mit Akkordeon auf. Stefanie Momo beck
Künstlerin Lisa Suitner tritt auch mit Akkordeon auf. Stefanie Momo beck

Zur Person

Lisa Suitner

Geboren 19. März 1986

Familie verheiratet, ein Sohn

Hobbys Spazieren, Musizieren