Zum Experten in eigener Sache berufen

Menschen / 20.10.2022 • 19:31 Uhr
Selbstvertreter Klaus Brunner bei seiner Arbeit in Götzis. Brunner
Selbstvertreter Klaus Brunner bei seiner Arbeit in Götzis. Brunner

Klaus Brunner kämpft als Selbstvertreter für die Bedürfnisse von beeinträchtigten Personen.

Dornbirn Es sei eine Zumutung für die anderen Kinder. So wurde Klaus Brunners Eltern erklärt, dass es für ihr Kind keinen Platz im Kindergarten gibt. Er selbst wisse dies nur noch vom Hörensagen, erklärt er. Von Geburt an sitzt Klaus Brunner aufgrund eines Ärztefehlers im Rollstuhl. Doch seine Beeinträchtigung hält ihn nicht davon ab, sich für andere Menschen mit Behinderung einzusetzen.

Seit mittlerweile neun Jahren ist der heute 51-Jährige als Selbstvertreter der Lebenshilfe tätig. „Es macht mich sehr glücklich, es ist einfach meine Berufung“, erzählt Brunner stolz. Es erfüllt den Dornbirner, dass er sich für andere Menschen mit Beeinträchtigung einsetzt und deren Interessen vertritt.

Verschiedene Welten

Eines seiner größten Anliegen ist die Barrierefreiheit. Dies betrifft nicht nur Menschen mit Beeinträchtigung, sondern auch ältere Menschen und Mütter mit Kinderwagen. Dies geht in der Gesellschaft oftmals unter. Auch die Aufklärung an Schulen ist ein Steckenpferd von Klaus Brunner. Sein ganzes Leben lang habe er hauptsächlich mit beeinträchtigten Menschen Kontakt gehabt. Er selbst besuchte im Schulheim Mäder den Kindergarten und die Schule. „Ich habe oft das Gefühl, Menschen mit und ohne Beeinträchtigung kennen sich gar nicht wirklich“, äußert er sich. Dadurch fiel es ihm in der Vergangenheit oft schwerer, mit Menschen ohne Behinderung in Kontakt zu gelangen.

Dennoch gibt es auch positive Beispiele, wo Menschen auf ihn zugehen. Eine für ihn sehr besondere Begegnung erlebte er in Dornbirn, als ihn Jugendliche ansprachen und ihn einluden, mit ihnen etwas zu trinken. „Wir blieben dann in Kontakt und sind auch heute noch befreundet“, freut sich der Dornbirner.

Auch der Kontakt mit Politikerinnen und Politikern zählt zu seinen Aufgaben als Selbstvertreter. „Es wäre sehr wichtig, dass wir Menschen mit Beeinträchtigung bei Entscheidungen der Politik miteinbezogen werden, denn wir sind Expertinnen und Experten in eigener Sache“, erläutert Brunner. Zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Selbstvertreter digitalisiert Klaus noch Hefte für ein Unternehmen und übernimmt Moderationsjobs für die Lebenshilfe.

Neben der Arbeit hier in Vorarlberg geht es für Klaus Brunner auch des Öftern nach Wien, wo er sich mit Selbstvertretern aus den anderen Bundesländern trifft. Auch ein kleiner Abstecher in sein Lieblingscafé in der österreichischen Hauptstadt darf, wenn es die Zeit zulässt, nicht fehlen.

Assistenz als Herausforderung

„Ich habe mich früher oft gefragt, warum genau ich so eine Beeinträchtigung habe. Aber mittlerweile bin ich dankbar für mein Schicksal, denn ohne dieses wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin.“ Besonders stolz ist er, wenn die Umsetzung von Projekten funktioniert und er dadurch Menschen mit Beeinträchtigung hilft.

Seit mehreren Jahren lebt der gebürtige Dornbirner nun allein in einer Wohnung. „Ich habe zuvor bei meinen Eltern gelebt, aber ich habe mir oft Gedanken darüber gemacht, was passiert, wenn sie nicht mehr können“, erzählt Klaus Brunner. An seinem Beispiel zeigt sich aber auch eine der Herausforderungen, für deren Lösung er sich einsetzt: Unterstützung im Alltag bekommt Brunner von einer persönlichen Assistenz, die er vom Land zur Verfügung gestellt bekommt. Diese nimmt er morgens und abends in Anspruch. Die Stunden, in denen er die Assistenz in Anspruch nehmen kann, werden vom Land vorgegeben und sind knapp bemessen.

Klaus Brunner ist sehr dankbar für diese Möglichkeit, dennoch seien es in seinem Fall viel zu wenig Stunden, sodass Freizeitgestaltung fast unmöglich sei. „Ich bin nun einmal auf die Unterstützung von anderen angewiesen, und das nicht nur fünf Tage, sondern sieben Tage die Woche“, erklärt der 51-Jährige resigniert. „Wenn ich zu wenig Stunden am Ende des Jahres habe, weiß ich nicht, wie ich meinen Alltag bewältigen soll.“ VN-EMK

„Ich bin dankbar für mein Schicksal, denn ohne es wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin.“

Klaus Brunner hat aus seinem Schicksal seine berufliche Erfüllung gezogen. VN/EMK
Klaus Brunner hat aus seinem Schicksal seine berufliche Erfüllung gezogen. VN/EMK
Klaus Brunner im Jahre 2019 bei der Testung des neuen Cityjet Talent 3. Lebenshilfe
Klaus Brunner im Jahre 2019 bei der Testung des neuen Cityjet Talent 3. Lebenshilfe
Klaus Brunner mit Bundespräsident Van der Bellen in Dornbirn. Lebenshilfe
Klaus Brunner mit Bundespräsident Van der Bellen in Dornbirn. Lebenshilfe

Zur Person

Klaus Brunner

Alter 51 Jahre

Wohnort Dornbirn

Ausbildung Schulheim Mäder

Berufung Selbstvertreter der Lebenshilfe Vorarlberg

Hobby Stadtbummeln