Ein Charmeur mit Tiefgang

Vor 25 Jahren starb mit Hans-Joachim Kulenkampff einer der legendärsten Showmaster des deutschen Fernsehens.
Berlin Er war einer der ganz großen Showmaster des deutschen Fernsehens: Mit spitzbübischem Humor und hintergründigem Charme drückte Hans-Joachim Kulenkampff der TV-Unterhaltung seinen Stempel auf, vor allem seine Quizsendung „Einer wird gewinnen“ (1964 – 1987) war ein Straßenfeger und holte zu ihren besten Zeiten sensationelle Einschaltquoten zwischen 80 und 90 Prozent.
Beim gut aussehenden und formvollendeten Kuli, wie Hans-Joachim Kulenkampff liebevoll genannt wurde, fühlten sich junge wie alte Zuschauer wohl, der 1921 in Bremen geborene Fernsehmoderator war einer der beliebtesten Deutschen überhaupt. Vor 25 Jahren, am 14. August 1998, starb Kulenkampff in seiner österreichischen Wahlheimat Seeham in der Nähe von Salzburg.
Gelernter Schauspieler
Eigentlich war Hans-Joachim Kulenkampff gelernter Schauspieler, und er machte auch nie einen Hehl daraus, dass er viel lieber als Darsteller denn als Fernsehfuzzi wahrgenommen werden wollte. Tatsächlich war der zweite Sohn eines wohlhabenden Bremer Kaufmanns zeitlebens auch am Theater und beim Film erfolgreich. Vor allem mit Komödien wie „Immer die Radfahrer“ (1958) oder „Drei Mann in einem Boot“ (1961), in denen auch Kultkomiker Heinz Erhardt mitspielte, wurde Kulenkampff auch als Schauspieler populär.
“Einer wird gewinnen”
Noch mehr liebte ihn das Publikum aber als eleganten Showmaster, der souverän, gebildet und ungeheuer schlagfertig diverse Unterhaltungssendungen moderierte. Allen voran die unvergessene Samstagabendshow „Einer wird gewinnen“ (EWG) im Ersten, in der er Kandidaten aus acht europäischen Ländern charmant durch diverse Spiele führte und Quizfragen stellte.
Dabei war der immer selbstironische und manchmal auch etwas freche Kuli nicht allzu streng, ließ sich am Ende stets von Butler Martin Mantel nebst Schal reichen und bestach mit einer vornehmen Lässigkeit, die zu seinem Markenzeichen wurde. „Ich glaube, dass er Fernsehen nicht allzu ernst genommen hat“, sagte der große Kulenkampff-Fan Harald Schmidt einmal über den Charmeur mit Tiefgang. Doch der legendäre Kulenkampff hatte auch eine andere, düstere Seite.
Traumatische Erfahrungen während seiner Zeit als Soldat im Zweiten Weltkrieg machten ihm bis ins hohe Alter zu schaffen. So musste er sich an der Ostfront in der Sowjetunion eigenhändig vier erfrorene Zehen mit dem Taschenmesser abschneiden, um zu überleben. Solche und andere schreckliche Erlebnisse machten den mit der österreichischen Kinderbuchautorin Gertraud Schwarz verheirateten Kulenkampff zum überzeugten Pazifisten, der sich nach dem Krieg für die SPD stark machte. 1969 unterstützte er den SPD-Kanzlerkandidaten Willy Brandt im Wahlkampf und verteidigte ihn gegen unfaire Anfeindungen. 1988 sorgte Kulenkampff für einen handfesten Skandal, als er als Gast in einer Talkshow den damaligen CDU-Generalsekretär Heiner Geißler als einen Hetzer „schlimmer als Goebbels“ bezeichnete – dafür musste sich Kulenkampff kurz darauf öffentlich bei dem Politiker entschuldigen.
Nach der Einstellung von „Einer wird gewinnen“ 1987 wurde es etwas ruhiger um den passionierten Segler Kulenkampff, der insgesamt 82 Ausgaben der beliebten Quizshow moderiert hatte. Bis 1990 schickte er die Zuschauer zum Sendeschluss der ARD noch regelmäßig mit den 1985 gestarteten „Nachtgedanken“ ins Bett, 1993 packte er zum letzten Mal das Abenteuer Samstagabendshow an: Nachdem Wim Thoelke die Rateshow „Der Große Preis“ abgegeben hatte, moderierte Kuli sechs Mal den ZDF-Klassiker, bevor er an Carolin Reiber übergab. Am 14. August 1998 starb der Vater dreier Kinder, von denen eines 1957 bei einem Autounfall ums Leben gekommen war, im Alter von 77 Jahren an Krebs. MAW