Uroma hätte mit Anka ihre Freude gehabt

Anka Dür (34) übt mit Freude zwei Berufe aus. Sie ist Hebamme und Architektin.
Feldkirch Fasziniert hörte die kleine Anka ihrer Oma zu, wenn diese von ihrer Mutter erzählte. „Deine Uroma war eine starke Frau. Die war gut zu den Frauen“, sagte sie zu ihrer Enkelin mit leuchtenden Augen. Ankas Uroma Rosa Huber war Hebamme. „Sie war die erste Frau in Satteins, die den Führerschein machte. Meine Uroma fuhr mit dem Motorrad zu den Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerinnen“, weiß Anka Dür (34) aus den Erzählungen ihrer Großmutter. Diese fielen bei Anka auf fruchtbaren Boden. „Mein erster Berufswunsch war Hebamme.“
Zunächst aber studierte die gebürtige Satteinserin Architektur, „weil man als Architektin kreativ sein und seine Ideen umsetzen kann“. Das Studium hielt, was es versprach. „Ich konnte mich in Sachen Kreativität voll austoben.“ Als Studentin fiel der Tochter zweier Lehrer auf, dass es in der gesamten Architekturgeschichte keine Auseinandersetzung mit den Themen Geburt und Geburtsräume gab. Als Abschlussarbeit entwarf sie deshalb – aus dem Bauch heraus – ein zeitgemäßes Geburtshaus für Vorarlberg. Denn: „Es gibt keine Räume für Gebärende, nur sterile Kreißsäle.“
Inzwischen war in ihr auch der Entschluss gereift, den Beruf der Hebamme zu lernen. „Ich spürte, dass dies mein Weg ist. Dem musste ich Raum geben, sonst wäre ich nicht glücklich geworden.“ In Winterthur absolvierte sie die mehrjährige Ausbildung. Nebenher arbeitete Anka als Architektin, um das Studium finanzieren zu können. „Während der Hebammenausbildung blühte ich richtig auf. Ich merkte, dass ich in die Fußstapfen meiner Ahninnen treten musste und der Hebammenberuf meine Berufung ist. Als angehende Geburtshelferin fühlte ich mich schon bald sehr sicher bei der Arbeit. Diese war mir nie fremd. Es fühlte sich vertraut an.“ Anka findet es beglückend, Frauen bei dieser Grenzerfahrung und bei diesem intensiven Übergang zur Mutter begleiten zu dürfen. „Ich mache den Frauen Mut und weiche ihnen nicht von der Seite.“ Dafür heimst die Hebamme viel Dankbarkeit ein. „Es kommt viel zurück in diesem Beruf.“
Auszeit in Spanien
Nach dem Abschluss der Ausbildung im Jahr 2022 gönnte sich Anka eine einjährige Auszeit, reiste mit dem Wohnmobil nach Andalusien. „Dort lernte ich Hebammen kennen, die nach traditionellen Methoden arbeiteten. Ich habe bei ihnen gelernt.“ In Spanien hatte sie Zeit, um über ihr weiteres Leben nachzudenken. Ihr wurde klar, dass sie in Vorarlberg als freiberufliche Hebamme tätig sein möchte, aber auch weiter als Architektin arbeiten will. Als solche möchte sie aber nur Geburtsräume für Frauen schaffen – Geburtenpavillons, die so beschaffen sind, dass sich Gebärende entspannen und fallenlassen können. „Damit bewege ich mich in einer Nische. Zum Glück gibt es genug Nachfrage in diesem Bereich.“
Als Architektin ist Anka derzeit ausgelastet. Zwei Bauprojekte betreut sie gerade. „Wir bauen in der Schweiz und in Deutschland Geburtenpavillons.“ Mit ihren zwei Berufen ist Anka richtig happy. „Mein Herzblut ist bei der Hebamme. Die steckt in mir drin, die ist in meinen Genen.“ Aber es sei auch schön, dass sie als Architektin bessere Rahmenbedingungen für Frauen erwirken könne. „Es macht mir Freude, mich in diesen beiden Welten zu bewegen.“
Gewalterfahrungen bei der Geburt
Rosa Huber hätte Freude mit ihrer Urenkelin. Denn die ist nicht nur in ihre Fußstapfen getreten, sondern engagiert sich auch noch neben ihrer Berufstätigkeit für Frauen(anliegen). „Im Jahr 2016 habe ich die ,IG Geburtskultur a-z‘ mitbegründet, das ist ein Zusammenschluss von mehreren Fachfrauen, die sich zum Ziel gesetzt haben, das Thema Geburt in die Mitte der Gesellschaft zu holen.“ Damit erschöpft sich Ankas Engagement aber nicht. Die junge Frau reist viel, weil sie an einem internationalen Forschungsprojekt beteiligt ist. „Ich suche weltweit Geburtsumgebungen, bei denen auf die Bedürfnisse von Frauen eingegangen wurde. Ich bereite diese positiven Fallbeispiele dann auf und mache sie publik.“ Am 29. November wird Anka bei der Premiere des Dokumentarfilms „In deinen Händen“ (Spielboden Dornbirn, ab 19.30 Uhr) zugegen sein. Denn sie ist eine der Protagonistinnen des Films. Filmemacherin Sophie Dettmar begleitete Anka und eine weitere Hebammenstudentin für einige Zeit mit der Kamera und ließ sie in persönlichen Gesprächen zu Wort kommen. Dettmar hat mit diesem Film ein Tabuthema aufgegriffen: Gewalterfahrungen bei der Geburt. VN-kum
„Mein Herzblut ist bei der Hebamme. Die steckt in mir drin, die ist in meinen Genen.“



Zur Person
Anka Dür
geboren 1988 in Bludenz
wohnhaft Feldkirch
Familie in Partnerschaft
Hobbys Wandern, Schwimmen,
Fahrradfahren