Wie Jürgen Wegscheider beinahe im Team von Ernst Happel gelandet wäre

Wolfurt Eine lange Menschenschlange wartet vor der Wolfurter Hofsteighalle. Die Fußballfans strömen in diesen Tagen zum Hallenmasters. Der Andrang ist riesig. Doch zuerst müssen sie alle an ihm vorbei: Jürgen Wegscheider. Er steht am Einlass, winkt die Spieler durch und verteilt Bändchen an die Zuschauer. Stress hat er dabei nicht, stattdessen immer einen flotten Spruch auf Lager – auch, wenn das Prozedere schon mal eine Stunde Akkordarbeit bedeutet.

“Es ist viel Arbeit, aber das ganze Drumherum ist einfach lässig”, sagt der 54-Jährige. Er trifft viele Kollegen von früher und freut sich über die positiven Rückmeldungen. “Die Leute sind gut drauf.” Das ist den Zeitaufwand wert. Mindestens jeden zweiten der insgesamt 17 Turniertage verbringt Wegscheider in der Hofsteighalle. Die ein oder andere Diskussion mit seiner Frau bleibt da nicht aus, erzählt er mit einem Schmunzeln. “Aber das ist halt so.”

Über 100 freiwillige Helfer

Das Hallenmasters ist in Wolfurt eine große Nummer und die zentrale Veranstaltung des Fußballvereins. “Dafür haben wir unter dem Jahr nicht so viele Feste wie andere Vereine”, ordnet Wegscheider ein. Der Zuspruch gibt den Organisatoren recht. Volle Zuschauerränge und dazu über 90 Anmeldungen in diesem Jahr. Es gab mehr Anfragen als Startplätze.

Dahinter steckt ein großer organisatorischer Aufwand. Über zehn Ehrenamtliche sind im OK-Team, mehr als hundert Freiwillige von der U07 bis zu den Altherren ermöglichen einen reibungslosen Ablauf. Zu den Hauptaufgaben von Wegscheider gehören seit über zehn Jahren das Auszahlen von Teams und Schiedsrichtern, die Kassen mit Wechselgeld zu versorgen, eine ordnungsgemäße Abwicklung sowie Rechnungen buchen und bezahlen.

Nicht selten ist er der Letzte, der nach Mitternacht die Halle in diesen Tagen verlässt – im Wechsel mit Obmann Stefan Muxel. Getan ist die Arbeit damit aber nicht. Zu Hause werden die Zahlen in eine Excel-Liste eingetragen, alles muss ordentlich dokumentiert werden.

Immerhin ist Wegscheider seit 2016 auch Kassier des FC Wolfurt und seit 2014 Teil des Vorstands. Als gelernter Buchhalter sieht er sich genau in der richtigen Position. “Handwerklich bin ich nicht so begabt”, sagt er und lacht. Mitgeholfen habe er nach seiner aktiven Fußballerkarriere aber eigentlich schon immer.

Besonderes Tor im Pokal

Und die hatte es durchaus in sich: In 208 Meisterschaftsspielen für den FC Wolfurt erzielte der Stürmer 45 Tore. Zudem lief er für den ÖFB-Nachwuchs auf. Sein wichtigster Treffer gelang ihm aber im Pokal. 1990 gewannen die Wolfurter den Cup. Nachdem sie sich gegen den FC Dornbirn durchgesetzt hatten, trafen sie im ÖFB-Cup auf den FC Swarovski Tirol. Die Sensation blieb zwar aus, Wolfurt unterlag mit 1:8, doch Jürgen Wegscheider erzielte das goldene Tor für den FCW. “Über 3000 Zuschauer. Das war ein Riesen-Erlebnis, das man natürlich nicht vergisst”, schwärmt er.

Das Tor brachte ihm einen Eintrag im Notizblock von Ernst Happel. Der war nämlich Trainer des FC Tirol und wollte Wegscheider nach Innsbruck lotsen. Doch letztlich wurde nichts daraus. Der Stürmer wechselte zum FC Hard und Happel wurde Cheftrainer der österreichischen Nationalmannschaft, ehe er im November 1992 verstarb.

Im Alter von 30 Jahren riss sich Wegschieder das Kreuzband und seine Fußballkarriere auf höchstem Niveau mit Stationen bei Viktoria Bregenz und Admira Dornbirn fand ein jähes Ende. Beim FC Kennelbach ließ er sie schließlich ausklingen, übernahm bereits Aufgaben neben dem Platz und kehrte Anfang der 2010er-Jahre nach Wolfurt zurück.

Heute sitzt er zufrieden in der Hofsteighalle und verfolgt das Treiben auf dem Feld. Der Wolfurter freut sich über die gute Stimmung, vor allem, wenn die Fans aus Alberschwende anreisen. Von Runde zu Runde werde das Niveau nun besser, verspricht er. Nach und nach steigen die VN.at-Eliteliga-Teams ins Geschehen ein. “Im Finale ist natürlich immer ein sehr gutes Niveau, das muss man schon sagen.” Wegscheider sieht erneut den Titelverteidiger aus Hohenems als Favoriten. Am Samstag, 6. Januar 2024, steht der Sieger fest. Dann endet diese besondere Zeit für den gesamten Verein. Ehe es nächstes Jahr zur 27. Ausgabe des Hallenmasters kommt. Mit dabei ist dann natürlich auch wieder Jürgen Wegscheider.