Es liest der Ur-Ur-Enkel von Franz Michael Felder

Burkhard Wüstner ist am Dienstag, 18. Juni auf der VN-Kinder- und Jugendbuchmesse Buch am Bach.
Feldkirch Burkhard Wüstner war es nicht, der Franz Michael Felder aus dem Buch springen lässt. Dieses Geschenk übergaben Heinz Janisch und Sophia Weinmann an die Kinder. Und natürlich der NordSüd Verlag, bei dem „Ich war ein unruhiger Kopf – Aus dem Leben des Franz Michael Felder“ im vergangenen Herbst erschienen ist. Dass bei den Lesungen im Rahmen der 13. VN-Kinder- und Jugendbuchmesse Buch am Bach der 66-jährige Gymnasial-Professor den Kindern ab 6 Jahren gegenübersteht, hat einen anderen Grund und wird die Schülerinnen und Schüler ab sechs Jahren überraschen. „Der Franz Michael war mein Ur-Urgroßvater“, erzählt er und blickt in staunende Augen. Ein „echter“ Verwandter, das ist aber wirklich mal etwas ganz Besonderes.

Ur-Ur-Großvater
Aber wie geht das? „Ganz einfach!“, erklärt der Historiker. „Jede Generation wird als Grad bezeichnet. Zum ersten Grad zählen nur ihr und eure Eltern. Ihr seid also mit Mama und Papa ersten Grades verwandt. Mit zweitem Grad seid ihr und eure Oma und Opa gemeint. Dazwischen liegen schon zwei Generationen. Und zwischen euch und euren Ur-Großeltern, das sind die Eltern von Oma und Opa, liegen dann drei Generationen. Zwischen euch und euren Ur-Ur-Großeltern sind es sogar vier Generationen. Ur-Ur-Großeltern sind also Oma und Opa von eurer Oma oder eurem Opa.“

„Das heißt, Franz Michael Felder war der Opa von meinem Opa“, versucht Burkhard die direkte Verwandtschaftslinie zu erklären. Das ist aus dem Kopf nämlich gar nicht so leicht. Spielt letztlich aber keine große Rolle, denn Ur-Ur-Großvater Franz Michael Felder steht jetzt im Mittelpunkt. Und Burkhard Wüstner weiß ganz viel über seine Vorfahren zu berichten.
„Seit meiner Teenager-Zeit beschäftige ich mich mit ihm“, erzählt der Kulturvermittler und verrät: „Er ist für mich seit damals ein geistiger Mentor.“ Felders Wissensdurst und sein autodidaktisches Vermögen in einer bildungsfeindlichen Gesellschaft faszinieren Wüstner immer wieder aufs Neue. Nur so sei es überhaupt möglich gewesen, diese erstaunliche Karriere als Schriftsteller, Sozialreformer und Politiker zu schaffen. „Man muss sich vorstellen, schon als Kind verdiente Franz Michael Felder Geld als Schindelmacher, um Bücher zu kaufen.“

Sie waren für ihn die Verbindung zur Welt außerhalb des Bregenzerwaldes. Aber auch Zeitungen faszinierten den jungen Mann. „Auf einem Dorffest kaufte er sich eine Seife, nicht der Seife wegen, sondern weil sie in Zeitungspapier eingepackt war“, muss der Nachfahre schmunzeln und verrät: „Die Zeitung hat Franz Michael dann auch abonniert.“
Sprache und Schrift
Zu seinen Lesungen nimmt Wüstner auch gerne kleine Schätze aus seinem Privatbesitz mit. So wie die erste Ausgabe seines Romans, gedruckt in alter gotischer Schrift. Oder Original-Briefe und Tagebuchauszüge des Sozialreformers und Schriftstellers. Sogar das Sterbebild von Felders Ehefrau Nanny bewahrt der Feldkircher bei sich auf. Die Kinder würden immer staunen, weil ihnen nicht nur die Schrift, sondern auch die Sprache fremd ist. „Ich frage dann: Könnt ihr das lesen?“, erzählt Wüstner und zeigt auf die Kurrentschrift. „Fast in jeder Gruppe sind welche dabei, die ein, zwei Wörter entziffern können.“ Mit Wörtern aus der damaligen Zeit sieht es etwas anders aus. Kruckar etwa sagt heute selbst im Bregenzerwald niemand mehr. Es benennt einen Geizhals. Oder Weodorgio, was nichts anders als Wiedergeben heißt, weshalb das Echo so genannt wurde. Und wenn jemand gnepfot, dann hinkt er. Alle diese Wörter machen den sprachgeschichtlichen Wandel einer lebendigen Sprache deutlich.

Familien-Wissen
Wenn der Ur-Ur-Enkel dann das Bilderbuch aufschlägt und die Geschichte, die der Autor in der Ich-Form geschrieben hat, zu lesen beginnt, ist das wie eine Zeitreise. Mit einem Mal sitzen alle in Felders Stube, sehen wie er trommelt und lauschen den Gesängen der Klushund-Sage. Diese Anekdote ergänzt Burkhard Wüstner aus Felders Autobiografie „Aus meinem Leben“. Hie und da fügt er noch den ein oder anderen Schwank dazu, Familienwissen, das seine Mutter an ihn weitergegeben hatte. „Ich war ein unruhiger Kopf“ endet unter anderem mit dem Satz: Öffnet jede Tür, die euch neugierig macht. Auf der VN-Kinder- und Jugendbuchmesse Buch am Bach werden auch Türen geöffnet. Eine führt direkt zu Franz Michael Felder, Schriftsteller, Sozialreformer und Bauer aus Schoppernau im Bregenzerwald und am Dienstag, 18. Juni in Götzis, Kulturbühne Ambach. CRO

Zur Person
Burkhard Wüstner
Alter 66 Jahre
Beruf Gymnasial-Professor, Kulturvermittler unter anderem mit dem Projekt „Unser Jahr mit Franz Michael Felder“, Museumskurator
Hobbys Lesen, Theater, Musik hören, Singen (Chor des Musiktheater Vorarlberg), Wandern, Skifahren;
Veranstaltung Am Freitag, 7. Juni um 18 Uhr eröffnet die Ausstellung „Unser Jahr mit Franz Michael Felder“, ein Gemeinschaftsprojekt mit der Volksschule Schoppernau.