“Der Tod ist etwas Heiliges – es ist eine Ehre, wenn man dabei sein darf”

Irmgard Längle arbeitet als Pflegerin im Hospiz am See in Bregenz. Als solche erfüllt sie auch letzte Wünsche.
Zwischenwasser Irmgard Längle (60) hatte eine Großmutter, die sie fürs Leben prägte. „Ich war oft bei ihr.“ Als sie starb, konnte sich das Mädchen von ihr verabschieden, weil die verstorbene Frau nicht gleich weggebracht wurde. „So wurde mir vermittelt, dass der Tod zum Leben dazugehört.“
Vielleicht waren es die vielen schönen Erfahrungen mit der Großmutter, die sie später dazu bewog, in einem Pflegeheim zu arbeiten. „Mit 15 schnupperte ich einen Tag im Herz-Jesu-Heim in Rankweil. Es gefiel mir so gut, dass ich dort als Stockmädchen zu arbeiten begann.“ Irmgard merkte, dass sie sich gern um alte Menschen kümmert. „Das war voll meins.“

Mit 17 machte sie die Ausbildung zur Pflegefachkraft für ältere und chronisch kranke Menschen. Jahrzehnte später, in ihren 40ern, bildete sie sich zur diplomierten Sozialbetreuerin mit Schwerpunkt Altenarbeit weiter. Da war sie bereits seit vielen Jahren im Altersheim in Hohenems tätig. Der Beruf erfüllte sie. „Ich konnte auch für demenzkranke und einsame Menschen da sein und sie spüren lassen, dass sie nicht allein sind.“ Ein Wermutstropfen gab es aber. „Ich hätte mir mehr Zeit für die Bewohner gewünscht.“ Das war einer der Gründe, warum sie sich vor sieben Jahren beim neueröffneten Hospiz am See in Bregenz bewarb. „In einem Hospiz hat man mehr Zeit für die Menschen. Da kann ich so arbeiten, wie ich mir Pflege vorstelle.“ Irmgard wurde angestellt und nicht enttäuscht. „Diese Arbeit ist die Richtige für mich. Es berührt mich immer wieder auf eine schöne Weise, wenn ich eine Beziehung aufbauen kann und mir viel anvertraut wird.“

Die Hospizpflegerin freut sich darüber, wenn sie den austherapierten Menschen letzte Wünsche erfüllen kann. „Ich versuche, vieles zu ermöglichen.“ Einmal machte sie einer schwerstkranken Frau, die jedes Jahr die Bregenzer Festspiele besucht hatte, eine Freude. „Ich habe sie in ihrem Bett auf die Terrasse hinausgeschoben, damit sie die Musik hören kann. Dann stießen wir mit einem Sekt auf den schönen Abend an.“
Oft ist die Hospizmitarbeiterin aber auch beim Sterben dabei. „Es ist eine Ehre, wenn man dabei sein darf. Der Tod ist etwas Heiliges. Eine besondere Energie ist dann im Raum.“ Irmgard glaubt an ein Leben nach dem Tod. „Sonst wäre das Leben sinnlos, wenn mit dem Tod alles aus wäre.“ Die Krankenpflegerin, die mit selbst gesammelten Kräutern die Zimmer im Hospiz ausräuchert, vermutet, dass die Verstorbenen an einen schönen Ort gehen. Denn: „90 Prozent von ihnen haben ein Lächeln im Gesicht. Ihr Gesichtsausdruck ist gelöst und entspannt.“

Der Tod nimmt in Irmgards Leben viel Raum ein. „Deshalb braucht es in der Freizeit einen Ausgleich, etwas, das dem Leben zugewandt ist.“ Die 60-Jährige geht gern in die Berge. „Da habe ich Zeit für mich.“ Auch ihre fünf Enkel spielen in ihrem Leben eine große Rolle. „Sie sind meine Goldschätze. Wenn ich bei ihnen bin, bin ich nicht mehr beim Tod, sondern beim Leben.“

Durch die Arbeit im Hospiz lebt Irmgard, die auch ausgebildete Aromakologin ist, viel bewusster. „Man möchte die Zeit, die man hat, sinnvoll gestalten.“ Der vierfachen Mutter ist es wichtig, dass sie für ihre Familie da ist. Auch ihre ehrenamtliche Tätigkeit beim Kriseninterventionsteam (KIT) ist ihr wichtig. „Ich bin seit 20 Jahren beim KIT. Viele Angehörige benötigen nach einem Schicksalsschlag Hilfe.“ Irmgard erfüllt es, wenn sie für andere da sein kann. „Das ist für mich der Sinn des Lebens und mein Lebensmotto.“
Irmgard Längle
geboren 31. Mai 1964 in Hohenems
Wohnort Zwischenwasser
Familie verheiratet mit Klaus, vier Kinder, fünf Enkel
Hobbys Wandern, Radfahren, Lesen, Kräuter sammeln
Lebensmotto für andere da sein