“Man muss im Leben ein Stehaufmännchen sein”

Olga Winder (93) musste einige Schicksalsschläge verkraften. Mit ihrem Gottvertrauen meisterte sie alle.
Alberschwende Olga Winder (93) ist seit einigen Wochen gehandicapt. Am 10. Oktober, einen Tag nach ihrem Umzug ins Pflegeheim in Alberschwende, stolperte sie über einen Rollator und brach sich die rechte Kniescheibe. „Langsam reicht es mir“, meint sie. Und: „Der Herrgott lädt mir viel auf. Aber er wird es schon zu etwas Gutem führen.“ Olga war schon oft lädiert. In einem kleinen Heft hat sie all ihre Stürze, Unfälle, Operationen und Krankheiten auf mehreren Seiten penibel dokumentiert. Da liest man unter anderem von zwei Lungenentzündungen, von einer Gallenoperation, von einem leichten Schlaganfall, von zwei Hüft- und zwei Knieoperationen, von einem Oberschenkel-, Oberarm- und Schambeinbruch und von Kniescheibenbrüchen.
Ein Verkehrsunfall mit schwerwiegenden Folgen
Das einschneidendste Erlebnis widerfuhr ihr im Alter von 55 Jahren. Am 5. Dezember 1986 holte Olga, die 16 Jahre lang den Schulbus in Alberschwende lenkte, am frühen Abend Kindergartenkinder ab. Sie wollte ihnen gerade über die Straße helfen, als sie von hinten von einem Auto erfasst wurde. Olga überlebte, aber sie erlitt schwere Verletzungen. „Unter anderem waren meine beiden Kniescheiben gebrochen. Ab da war ich ein Mensch mit einer Behinderung. Ich konnte lange nur mit Stöcken gehen.“ Auch die Spätfolgen waren gravierend. Olga musste sich sowohl die Hüften als auch die Knie erneuern lassen. Obwohl der Unfall sie mehrere Monate außer Gefecht setzte, war sie froh, dass es sie und nicht die Kinder erwischte. „Ich habe geweint vor Dankbarkeit, dass alle Kinder heil geblieben sind.“

Olga wird nachdenklich. Sie muss jetzt auch an die zahlreichen Stürze denken, die ihr widerfuhren. „Einmal rutschte ich zu Hause aus, ein andermal stürzte ich am Friedhof. Ich fiel wehrlos nach hinten. Mein Rücken war vor lauter Blutergüssen blau und schwarz.“ Aber Olga kam immer wieder auf die Beine. „Man muss im Leben ein Stehaufmännchen sein“, sagt sie und lächelt zaghaft. Auch nach dem Tod ihres fünften Kindes kam sie wieder zu Kräften. „Aber es war bitter und tat furchtbar weh.“ Das Bübchen starb kurz vor der Geburt. Seine Querlage wurde nicht rechtzeitig erkannt.

Viele Jahre später galt es den Tod des Mannes zu verkraften, der 56 Jahre an ihrer Seite war. „Adolf hatte 2014 einen Schlaganfall. Ich habe ihn bis zu seinem Tod im Jahr 2017 gepflegt.“ Nach seinem Tod war sie schlecht beieinander. „Zum Glück haben sich die Kinder meiner angenommen.“ Auch ihr Glaube half ihr, die Schicksalsschläge zu verkraften. „Ich glaube an die Ewigkeit – an ein Leben nach dem Tod. Sonst wäre doch alles sinnlos.“ Die 93-Jährige hofft, dass ihr Mann Adolf und ihr verstorbenes Kind sie abholen kommen, wenn es bei ihr so weit ist. Aber eigentlich möchte sie vom Tod jetzt noch nichts wissen. Denn Olga lebt noch gerne. Sie fühlt sich im Pflegeheim wohl. „Ich danke Gott für die Zeit, die er mir noch schenkt.“ Inzwischen verlässt sie sich voll auf ihn. „Ich brauche den Herrgott ständig. Wenn nichts mehr hilft, muss man sich an ihn halten.“