
Als Nikolaus unterwegs – “Es geht ums Füreinander-Da-Sein”
Zahlreiche Hausbesuche stehen dieses Wochenende in ganz Vorarlberg an. Es wäre jedoch unfair, dabei nur vom Nikolo zu sprechen.
Rankweil “Mittlerweile gehe ich seit sieben Jahren als Nikolaus. Es ist ein Riesenspaß für mich, die strahlenden Kinderaugen geben so viel zurück”, erklärt Bernd Rauch seine Motivation. Er steht am Donnerstagabend im Josefisaal der St.-Josef-Pfarrkirche in Rankweil und ist diesen Dezember einer der etwa 13 Nikolo-Darsteller der Pfarre, jeden erwarten an die sieben bis acht Haushalte.

Zwar denkt man oft nur an den Nikolo, doch in Wirklichkeit sind die Hausbesuche eine Kraftanstrengung vieler. “Angefangen habe ich als Fahrer, dann war ich Knecht Ruprecht”, erinnert sich der 43-Jährige zurück. Als Knecht wechselt man die verschiedenen Nikolo-Darsteller durch, um möglichst viele Ansätze kennenzulernen, bevor man selbst in die Hauptrolle schlüpft. Dann gibt es noch zahlreiche weitere helfende Hände im Hintergrund: Die Besuche müssen organisiert und koordiniert werden. Die Kostüme müssen geschneidert und gewaschen werden. Es ist außerdem nicht einfach, einen passenden Bart zu finden – und die gefundenen müssen oft nachbearbeitet werden, damit sie ihren Träger nicht kratzen und behindern.

Bischof ohne Fehl und Tadel
Es ist kein Zufall, dass der heilige Nikolaus in der traditionellen Aufmachung eines Bischofs erscheint, ganz in rotem Purpur und mit Bischofsstab: Nikolaus von Myra war im vierten Jahrhundert als Bischof im Süden Anatoliens in der Provinz Lykien tätig. Diese Region war damals noch als Teil des oströmischen Reiches griechischsprachig, deren Bewohner begriffen sich als Römer. Über sein Lebenswerk und seine Großzügigkeit ranken sich zahlreiche Legenden, was ihn schlussendlich zu einem der wichtigsten Heiligen der katholischen und orthodoxen Kirchen macht. Diese Großzügigkeit ist auch Rauch wichtig. “Es geht um das Füreinander-Da-Sein, um das Teilen”, bringt er die Tradition und den Brauch um den Heiligen auf den Punkt.

Das Loben und Tadeln spielt eine geringere Rolle als früher, vor allem zweiteres. Der strafende und drohende Besuch ist nun einem gewichen, der das Gemeinsame in den Mittelpunkt stellt. Es mache einen Unterschied, ob man wegen des Schokoladekonsums schimpfe oder ob man auf den eigenen Bauchumfang verweise und einen gemeinsamen Verzichtsvorsatz formuliere. Den Schnuller nimmt man nur mit, wenn das Kind ihn freiwillig hergibt – und drückt ihn draußen den Eltern wieder in die Hand, für Notfälle in der Nacht. Außerdem lügt man das Kind nicht an, räumt man bereitwillig ein, dass man nur als Nikolaus und nicht als der Nikolaus ins Haus kommt. Dabei kommt man nicht nur in rein katholische Haushalte, verrät Rauch. Wie der Heilige selbst für mehrere Konfessionen eine Bedeutung hat, kennt auch der Nikolausbesuch keine Grenzen.

Am Freitag und Samstag ist Rauch abseits der Pfarre auch noch als Nikolo unterwegs. Denn auch bei den Familien der Nikolo-Darsteller wartet man auf Hausbesuche des Geschenkebringers. Falls er Spenden für seine Arbeit erhält, fließen diese in drei Projekte: “Das sind die Kinderkrebshilfe für Tirol und Vorarlberg, dann Joe Fritsche von ‘Stunde des Herzens’ und – heuer zum ersten Mal – ein Schulprojekt in Kenia von einem guten Freund von mir”, erklärt Rauch. Letzteres bringt den Schülern eine warme Mahlzeit auf den Tisch.

Wie viele Nikolos in den 126 Vorarlberger Pfarren diese Tage unterwegs sind, weiß niemand. Schließlich organisieren nicht nur die Pfarren selbst solche Hausbesuche, sondern auch Vereine oder die Privatpersonen selbst. Schlussendlich ist es für die Besuchten jedoch zweitrangig, gibt es doch für sie zu diesem Zeitpunkt nur diesen einen Nikolo mit seinen Begleiterinnen und Begleitern.