“Wir zwei lieben uns von Herzen”

Menschen / 11.02.2025 • 12:17 Uhr
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Zwischen Heidemarie und Anton Antreich passt kein Blatt, so eng sind sie verbunden.“ kum

Heidemarie und Anton Antreich sind ein ungleiches Paar – aber nur vom Alter her. Sie ist 69, er ist 96.

Bregenz Während Heidemarie Antreich (69) aus ihrem Leben erzählt, spielt ihr Ehemann Anton (96) zärtlich mit ihrem Haar. Heidemarie spricht gerne über ihre berufliche Vergangenheit. Denn der Beruf war ihr mehr als nur ein Beruf. „Es war Berufung.“ 36 Jahre lang war die kinderlose Frau in der Pflege tätig – im Spital und im Altersheim. Als Pflegehelferin hatte sie immer wieder mit sterbenden Menschen zu tun. „Die meisten starben friedlich.“ Das nahm ihr die Angst vor dem (eigenen) Tod. Sie fürchtet nur einen Tod – den ihres Ehemannes, der 27 Jahre älter ist als sie. „Ich hoffe, dass Toni hundert Jahre alt wird.“ Dann wären dem Paar noch etwas mehr als drei gemeinsame Jahre vergönnt.

Mit 99 zur Olympiade

Anton denkt noch nicht ans Sterben. Er hat mit 96 noch hochfliegende Pläne. „In drei Jahren finden in Los Angeles die Olympischen Sommerspiele statt. Ich möchte im Pistolenschießen antreten.“ Demonstrativ zeigt er, dass seine Hände noch kein bisschen zittern. „Die ruhige Hand habe ich heute noch.“ Das Schießen wurde ihm in der Hitlerjugend (HJ) beigebracht. „Ich war Scharfschütze bei der Deutschen Wehrmacht.“ Anton ist einer der letzten Zeitzeugen des Zweiten Weltkriegs. 17-jährig wurde er einberufen – und landete an der Ostfront mitten im Artilleriefeuer. „Vor und hinter uns die Russen. Wir konnten nur noch beten“, erinnert er sich und springt dann schlagartig von der Vergangenheit in die Zukunft.

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Sind seit 24 Jahren unzertrennlich: Heidemarie und Anton Antreich.

Der gelernte Installateur und ehemalige Unternehmer spricht jetzt über sein Buchprojekt. „Ich möchte ein zweites Buch schreiben mit dem Titel ‚Vom Äquator zum Nordkap.‘“ Sein erstes Buch, eine Autobiografie („Im Schatten des Mangobaumes“), schrieb er in Kenia. Dort lebten Anton und Heidemarie zwei Jahre: von 2002 bis 2004. „Das Leben in Kenia war wunderschön. Es war wie ein Dauerurlaub“, schwärmen beide von ihrem Afrika-Aufenthalt. Weil Heidemaries Mutter krank geworden war, kehrte das Paar nach Vorarlberg zurück.

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Anton trägt seine Heidi nicht nur in Kenia auf Händen.

Aber sie konnten sich hier nicht mehr recht eingewöhnen.  „Mir war es hier zu eng. Irgendwie hatte ich Platzangst“, versucht Heidemarie ihr damaliges Unbehagen in Worte zu fassen. Ende 2007 zog das Paar nach Tulln, in die niederösterreichische Heimat von Anton. „Die Weite des Landes, die Fröhlichkeit der Menschen und die Nähe zur Verwandtschaft kamen uns entgegen.“ Beide fühlten sich wohl in Niederösterreich. Dennoch siedelten sie im Vorjahr wieder nach Vorarlberg über – aus gesundheitlichen Gründen. „Der Arzt sagte, dass Toni Bergluft braucht“, erklärt Heidemarie den Grund und greift nach der Hand ihres Mannes.

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Ein Küsschen für die Liebste.

Das Paar wirkt, als wäre es frisch verliebt. Dabei sind die beiden schon seit 24 Jahren zusammen. Sie lernten sich am 13. Jänner 2001 beim Ball der Südtiroler in Feldkirch kennen. Anton forderte Heidemarie zum Tanz auf. „Beim Tanzen kamen wir uns nahe.“ Geküsst wurde noch am selben Abend – im Aufzug. „Wir sind x-mal auf und ab gefahren“, verrät Anton verschmitzt. Und dann geht er darauf ein, was er an seiner Heidi schätzt. „Ich mag ihre Zärtlichkeit, ihre Geduld und die Harmonie, die zwischen uns herrscht. Wir streiten uns so gut wie nie. Damit vertun wir nicht unsere Zeit. Denn wir haben nicht mehr viel Zeit.“ Heidemarie ist tief berührt von seinen Worten. „Toni ist die Liebe meines Lebens. Wir zwei lieben uns von Herzen“, flüstert sie verträumt. Daraufhin drückt Anton seiner Liebsten spontan einen Kuss auf den Mund.