“Du darfst nicht sterben – ich möchte dir die Welt zeigen”

Menschen / 16.04.2025 • 12:43 Uhr
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Jasmin Treml ist mit ihrem herzkranken Sohn Raphael eng verbunden.

Mit Raphael (4) hat Jasmin Treml einen Sohn, der schwer herzkrank ist. In Vorarlberg gibt es rund 100 Familien mit herzkranken Kindern.

Hohenems Jasmin Tremls innigster Wunsch war es, Mutter zu werden. „Nichts wünschte ich mir sehnlicher.“ Das Schicksal erfüllte ihr diesen Wunsch, doch auf eine Weise, mit der sie nicht gerechnet hatte. Vor fünf Jahren kam Lilia zur Welt. Sie war anfangs sehr fordernd. „Lilia war ein Schreibaby.“ Ein Jahr später wurde Raphael (heute 4) geboren. Drei Tage nach der Geburt wäre das Bübchen beinahe gestorben. „Raphael begann auf einmal sehr schnell zu atmen.“ Es war ein Wettlauf gegen den Tod. „Ein Kinderkardiologe konnte meinem Sohn gerade noch rechtzeitig ein lebensrettendes Medikament verabreichen.“ Danach sprach der Chefarzt mit der völlig aufgelösten Mutter. „Sie haben ein schwer herzkrankes Kind. Wahrscheinlich wird es nicht überleben.“ Jasmin brach in Tränen aus. „Ich war von glücklichen Eltern umgeben. Und ich war am Boden zerstört.“

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Der kleine Patient Raphael. In den ersten drei Jahren seines Lebens musste er dreimal am Herzen operiert werden.

Es stellte sich heraus, dass ihr Sohn an einem sehr seltenen Herzfehler litt. „Seine linke Herzkammer war unterentwickelt. Dafür war seine rechte Herzkammer vergrößert.“ Aber Jasmin gab ihr Kind nicht auf. Ihr Kampfgeist erwachte. „Ich sagte zu meinem Baby: ,Du darfst nicht sterben – ich möchte dir die Welt zeigen. Und wenn du überlebst, fahren wir ans Meer.“ Das Neugeborene wurde ins Kepler Universitätsklinikum in Linz gebracht. Dort musste es einer lebensgefährlichen Operation unterzogen werden. „Sein Herz wurde chirurgisch verändert.“ Der neun Tage alte Säugling überlebte den Eingriff. Zwei Monate später stand die nächste Herz-OP an. Kurz danach erkrankte Raphael schwer an einer Blutvergiftung. „Und wieder hatte ich massive Ängste, mein Kind zu verlieren.“ Raphael überlebte. Und musste sich mit drei Jahren erneut einer Herz-OP unterziehen. „Das sind die schwierigsten Operationen, die es gibt.“ Das Bübchen überstand alle.

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Aus Raphael ist ein fröhlicher Bub geworden.

Doch sein Herzfehler ist deswegen nicht behoben. „Mein Sohn wird nie ganz gesund“, bedauert seine Mutter. Über ihr und ihrer Familie hängt ein Damoklesschwert. „Raphael kann jederzeit an einem Herzstillstand sterben.“ Laut Jasmin erleben 50 Prozent der Kinder, die diesen Herzfehler haben, das zehnte Lebensjahr nicht. Die Mutter hat ständig im Hinterkopf, dass ihr Sohn sterben könnte. „Ich bin für jeden Tag dankbar, den wir miteinander erleben dürfen.“ Ihr Schicksal wünscht sie niemandem. „Du musst ein sehr resilienter Mensch sein, damit dich diese Diagnose nicht zerstört“, meint Jasmin und ist froh, dass sie heute mit der Situation relativ gut umgehen kann.

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Stolze Mutter: Jasmin Treml mit ihren Kindern Lilia und Raphael.

Überhaupt wuchs und reifte sie mit diesem Kind. „Meine Sicht auf das Leben hat sich durch Raphael verändert. Das Materielle ist nicht wichtig. Das Wesentliche ist, dass man liebt.“ Ihre Kinder bedeuten ihr alles. Durch sie lernte Jasmin tief zu lieben. Raphael wurde für sie zum besonderen Lehrmeister. „Das Schicksal hat mir dieses Kind geschickt, damit ich lerne, mit der Vergänglichkeit des Lebens umzugehen.“ Durch ihren Sohn lernte Jasmin auch den Augenblick zu schätzen. Sie fand Frieden darin, das Leben so zu nehmen, wie es kommt – Moment für Moment. Momentan ist ihr Sohn ein richtiger Lausbub. „Vor ein paar Tagen hat er die Wände in seinem Zimmer bunt angemalt. Da merkt man, dass es ihm gut geht. Zurzeit hat er fabelhafte Herzwerte“, freut sich Jasmin und schaut mit einem innigen Blick auf ihren Sohn, der gerade mit seinen Spielzeugautos spielt.  

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Zwei, die sich verstehen: Lilia mit ihrem Bruder Raphael.
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Vater Dominik mit seinen zwei Lieblingen.