“Für jeden etwas dabei” – Das ist Vorarlbergs beste Sportholzfällerin

Zwischen Trainingsplatz, Wettkampf und WM-Vision wird ersichtlich, was mit Präzision und Leidenschaft möglich ist.
Feldkirch Sie ist 33 Jahre alt, Forstarbeiterin – und eine der stärksten Frauen Österreichs, wenn es um Axt und Säge geht. Die Rede ist von Johanna Loretz. Seit gut zwei Jahren ist die Feldkircherin im Sportholzfällen aktiv und hat sich auf Anhieb in der internationalen Szene etabliert.
Wann sie zum ersten Mal eine Axt in der Hand hatte? “An das kann ich mich nicht mehr erinnern”, lacht die Sportlerin. Der Umgang mit dem Werkzeug war für sie jedoch nichts Neues – wohl aber die Bühne, auf der sie sich heute misst.

Begeistert vom ersten Schlag
“Ich habe viele Videos vom Sportholzfällen angeschaut und fand das unglaublich spannend”, erinnert sich Johanna an den Beginn ihrer Leidenschaft. Dann kam die Gelegenheit, bei einem Newcomer-Camp in der Schweiz mitzumachen. “Dort habe ich erste Eindrücke gesammelt und Kontakte geknüpft. So kam ich ins Training bei Albert Kläger und dem Axemenclub Nordostschweiz.”

Schon in ihrer ersten Saison ließ die 33-Jährige aufhorchen: Bei der Eurojack-Europameisterschaft belegte sie im Gesamtranking den dritten Platz. Beim Holzfäller-Wettbewerb in Widdern holte die Feldkircherin Rang eins. Als beste Österreicherin bei der “Austrian Women’s Championship 2023” sicherte sich Johanna Loretz schließlich den Titel der Staatsmeisterin.

Auch beim erst kürzlich ausgetragenen Semifinale der Stihl Timbersports DACH-Meisterschaft wusste sie zu überzeugen: In diesem hochkarätig besetzten Wettkampf, bei dem die besten Athletinnen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz gegeneinander antreten, erzielte Loretz Bronze und qualifizierte sich damit für das Finale am 30. August.

Technik, Kraft und Tradition
Für die Forstarbeiterin ist das Holzfällen nicht nur ein Kraftsport. “Es hat viel mit Geschicklichkeit und Technik zu tun. Natürlich auch mit Kraft, aber die allein nützt nichts, wenn die Technik dahinter nicht stimmt.” Besonders spannend findet sie, dass manche Disziplinen historische Wurzeln haben: “Beim ‚Standing Block Chop‘ wird beispielsweise ein 70 cm langer Holzstamm mit der Axt von zwei Seiten durchtrennt. So wurden damals auch die Bäume gefällt.”

Starker Zusammenhalt
Dass sie so schnell vorankam, verdankt die Feldkircherin auch der Hilfsbereitschaft innerhalb der Holzsport-Community. In der Schweiz konnte sie bei Albert Kläger nicht nur regelmäßig trainieren, sondern auch auf Equipment zurückgreifen. Wertvolle Hilfe bekam sie zudem von der Schweizer Spitzensportlerin Yolanda Gnädinger und dem österreichischen Profiathleten Josef Laier. “Ich wurde von Anfang an stark unterstützt und beim Axemenclub herzlich aufgenommen”, freut sich die 33-Jährige.

Training mit viel Aufwand
Regelmäßiges Training ist im Sportholzfällen dabei logistisch aufwendig. “Ich trainiere ein- bis zweimal pro Woche. Einmal wöchentlich fahre ich in die Schweiz zu Albert oder zu unserem Verein und hacke dort so viel wie möglich.” Seit Kurzem steht ihr auch ein kleiner Trainingsplatz beim Forst Feldkirch zur Verfügung – inklusive Hackholz und Infrastruktur. “Das Training ist mit viel Aufwand verbunden. Der Platz in Feldkirch ist für mich dabei eine große Hilfe”, meint sie lächelnd.

Mehr Frauen auf die Bühne
Für ihre Sportart hat Johanna Loretz einen klaren Wunsch. “Ich fände es super, wenn sich noch mehr Frauen für den Holzsport begeistern könnten. Je mehr Teilnehmerinnen es gibt, desto spannender werden die Wettkämpfe – und ich würde mich riesig freuen, wenn es eines Tages eine eigene Weltmeisterschaft für uns gibt.”

An alle Mädchen und Frauen, die mit dem Gedanken spielen, selbst einmal zur Axt zu greifen, hat die Sportholzfällerin eine abschließende Botschaft: “Es macht unglaublich viel Spaß. Vom Sägen über das Hacken bis zum Axtwerfen oder Klettern ist wirklich für jeden etwas dabei.” Angst müsse dabei niemand haben. “Die Sportler heißen einen herzlich willkommen und obwohl der Sport männerdominiert ist, werden Frauen nicht nur offen empfangen, sondern auch wirklich ernst genommen.”
Zur Person
Johanna Loretz
Geboren am 20. Oktober 1992
Wohnort Feldkirch
Beruf Forstarbeiterin
Hobbys Jagen, Wandern, Malen