Für Könner mit Selbstbeherrschung

BMW M 1000 RR: Rennbike mit Straßenzulassung.
Schwarzach Dieses Motorrad ist mit das Beste, Schnellste und Teuerste, was bei der Zweirad-Abteilung der Bayern aus der Fabrik rollt. Die Leistungsdaten darf man ruhig als ehrfurchtgebietend bezeichnen: ein Reihenvierzylinder mit 212 PS bei 14.500 Umdrehungen katapultiert die nur 193 Kilo schwere Fuhre – ohne Fahrer, aber mit allen notwendigen Flüssigkeiten – in lächerlich kurzer Zeit auf eine Spitzengeschwindigkeit von 314 km/h. Laut BMW, getestet haben wir das nicht.
Wenn einem an dieser Stelle noch nicht leicht unwohl wird, das Preisschild dürfte den meisten die Schweißperlen auf die Stirn treiben: ab 40.660 Euro in Österreich für das aktuelle Modell von 2023.
Der Preis lässt aber zurecht auch darauf schließen, dass BMW bei der M 1000 RR nirgendwo spart. Technik, Materialien, Elektronik – das ganze Paket ist vom Feinsten. Noch mehr auf Leistung zugespitzt, und die Doppel-R würde keine Nummerntafel mehr tragen dürfen.
Am Rennsportanspruch gibt es auch ab dem ersten Blick keinen Zweifel. Die Winglets, der unübersehbar breite Frontspoiler, erzeugen tatsächlich mehr Abtrieb am Vorderrad – 10 Kilogramm bei 200 Km/h, 22,6 Kilogramm bei 300 km/h. Im Lufteinlass in der Frontverkleidung, der das Vierzylinder-Kraftwerk mit Frischluft versorgt, hat locker ein ganzer Unterarm Platz.
Die Bremsanlage am Vorderrad mit 320er-Doppelscheibenbremse und den radialen Vierkolbenfestsätteln hat eine spezielle Abdeckung mit optimierten Kühlluftschächten. Die Räder, aber längst nicht nur die, sind aus Carbon. Am Motor sind unter anderem Titan-Ventile und -Pleuel verbaut. Die Liste ließe sich gefühlt fast endlos fortsetzen, die ganze Maschine schreit geradezu „Rennsport“.
Genau da liegt auch irgendwie das Dilemma. Die BMW M 1000 RR könnte, nicht zuletzt der ausgeklügelten Elektronik sei Dank, ein Fahranfänger bewegen. Um alles zu nutzen, was dieses Motorrad bietet, muss man aber ein echter Könner, ein Rennfahrer sein. Nur genau das, wofür diese Maschine eigentlich gebaut ist und wie sie auch spürbar bewegt werden will, gibt der öffentliche Straßenverkehr niemals her.
Ab etwa 6.000 Touren klingt der Motor annähernd so, wie der Fahrer eine Rennmaschine hören möchte. Das Problem: 6.000 Touren im 2. Gang bedeuten etwa 80 km/h, da liegen dann ungefähr „nur“ 100 PS an, und der Vierzylinder kommt gerade erst in Schwung. Der dreht nämlich bis 15.100 Umdrehungen pro Minute und wird entsprechend laut.
Es ist jedenfalls eine beeindruckende Erfahrung: Die Technik ist über jeden Zweifel erhaben, der Aufmerksamkeitsfaktor ausgesprochen hoch. Und Begeisterung muss nicht immer zwingend Sinn machen. Wer aber nicht regelmäßige Rennstrecken-Besuche einplant, ignoriert den eigentlichen Sinn und Zweck dieses „Superbikes“. SUP
