Urbanes Wohnzimmer

14.10.2023 • 05:30 Uhr

Stadträume als urbane Lebensräume zurückzugewinnen und Sichtbeziehungen zu stärken, sind lohnende Ziele einer Stadtentwicklung.

Text: Klaus Feldkircher | Fotos: Angela Lamprecht

Bregenz Nach ersten Studien 2011 im Auftrag von Bregenz Tourismus & Stadtmarketing erfolgte ab 2014 ein Bürgerbeteiligungsprozess in drei Schritten, der in einen Architekturwettbewerb im Jahre 2016 mündete. Nach einigen Informationsveranstaltungen wurde der Siegerentwurf der Architekten Wimmer Armellini in drei Bauphasen umgesetzt.

Skulpturale Elemente: In der Anton-Schneider-Straße wurde ein neuer Brunnen geschaffen, in dessen Einfassung eine Skulptur des Künstlers Herbert Albrecht integriert wurde.

Vor 2018 wurde der Verkehr in der Rathaus-, Anton-Schneider-, Kirch-, Römerstraße und in der Maurachgasse teilweise beidseitig geführt, sodass der Suchverkehr nach den wenigen Parkplätzen die Stadträume der Innenstadt beeinträchtigte. Im Zuge der Stadtentwicklung galt es also, den Individualverkehr aus der Stadt zu bringen und „Lebensräume zurückzugewinnen sowie Sichtbeziehungen zu stärken“, so Architekt Peter Wimmer. Die über das Quartier verteilten Parkplätze wurden entfernt und auf die vorhandenen konzentriert. Durch die Verkehrsberuhigung entstanden so Begegnungszonen mit konsumationsfreien Aufenthaltsmöglichkeiten sowie zahlreiche Gastgärten, die eine neue Aufenthaltsqualität brachten.

Begegnungszone: Der kleine Natursteinplatz vor dem Rathaus wurde mit drei elliptischen Sitzmöbeln aus Beton und einer Sitzfläche aus Holz möbliert und bietet Raum für kleine Feiern.

Die vorhandenen Brunnen wurden am Leutbühel, in der Maurachgasse und in der Kirchstraße saniert und in die Sichtachsen versetzt. Ein neuer Brunnen wurde in der Anton-Schneider-Straße bei der ehemaligen Nationalbank errichtet. Eine Statue des Bildhauers Herbert Albrecht wurde vom früher erhöhten Sockel in die Einfassung des neuen Brunnens integriert, der dadurch näher in das Sichtfeld der Passanten rückt. Im oberen Teil der Maurachgasse, dem Siegi-Gasser-Platz, wurde durch einen Überlauf beim Brunnen ein kleines Rinnsal geschaffen, das Kindern als Spiel- und Tummelplatz dient.

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Pflaster und Asphalt: Auffallend ist der Natursteinbelag in der Rathausstraße vor dem Rathaus: Er wird von drei Seiten vom gelben Farbasphalt umgeben und kontrastiert.

„Der gelbe Belag ist in den letzten Jahren zu einem Teil der Corporate  Identity der Stadt geworden“, meint Architektin Ute Wimmer-Armellini. Deshalb war es für die Planenden logisch, ihn als Wiedererkennungsmerkmal in der Innenstadt zu verwenden. In der Maurachgasse und der Anton-Schneider-Straße wurde das ursprüngliche Natursteinpflaster belassen. „So schaffen wir Abwechslung im Erscheinungsbild der Stadt, denn wir sollten nicht alles uniformieren, sondern Lebensräume schaffen, die robust sind, die Lebensfreude vermitteln“, so DI Bernhard Fink, Stadt Bregenz.

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Auf dem Siegi-Gasser-Platz im oberen Teil der Maurachgasse wurde der Brunnen in die Sichtachse verlegt und liegt nun zentral im Kreuzungsbereich.

In der Mitte der Straßen wurde ein etwa ein Meter breiter Streifen aus gesägten Natursteinplatten verlegt, um Barrierefreiheit zu gewährleisten. „Dieses Element haben wir vom Stadtsteig, der in die Oberstadt führt, aufgenommen und weitergeführt“, so die Architekten.

Leutbühel, Herz der Stadt

Der Brunnen auf dem Leutbühel wurde um zehn Meter nach vorne in die Sichtachse versetzt. So entstand eine größere Nutzfläche, zudem ist jetzt eine ungehinderte Feuerwehrzufahrt möglich. Vor dem Einkaufszentrum GWL wurde ein Baumhain mit zehn Bäumen in einem Kiesbett gepflanzt. Sitzmöbel schaffen einen konsumationsfreien Raum, sich zu unterhalten oder einfach zu relaxen.

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Da sich der gelbe Belag als Teil des Erscheinungsbilds der Stadt etabliert hat, wurde er als Wiedererkennungsmerkmal auch in der Innenstadt verwendet.

Ein weiteres Element, das diesen Bereich in ein neues Licht rückt, sind die Arkaden des GWL entlang der Römerstraße. Sie wurden nach außen verlängert, die Terrasse der Gastronomie aus dem ersten Stock vergrößert. Die Begrenzung durch das Glasgeländer macht die Betonfassade leichter und erlaubt einen besseren Einblick in das Herz der Stadt. Die Unterseiten der Arkaden wurden mit goldfarbenem Blech belegt und spiegeln den gelben Bodenbelag. Zusätzlich wurden eine Bushaltestelle mit abgesenkter Fahrbahn sowie zusätzliche Fahrradabstellplätze geschaffen.

Rathausstraße für Begegnung

Auch die Rathausstraße erfuhr eine wesentliche Veränderung. Sie wurde ebenfalls zur Fußgängerzone. Im Zuge dessen wurde der Trauungsaal ins erste Obergeschoß verlegt, das Bürgerservice wanderte von der Belruptstraße ins Erdgeschoss des Rathauses. In der Folge erhielt das Amtsgebäude einen Vorplatz aus Naturstein, der von Farbasphalt umgeben ist. Weiters wurde dieser Bereich mit drei elliptischen Sitzmöbeln aus Beton und Holz möbliert und bietet Raum für kleine Feiern wie Agapen. Durch die Geometrie des Straßenzuges bleibt das Sichtfenster Leutbühel zum See erhalten. Zu guter Letzt wurde auch die Bergmannstraße zur Begegnungszone, die im Herbst mit Bäumen begrünt wird.

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Durch einen Überlauf beim Brunnen wurde in der Maurachgasse ein kleines Rinnsal geschaffen, das der Abkühlung und Kindern als Spiel- und Tummelplatz dient.
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Da der Bereich Römerstraße/Kirchstraße erst nachträglich zur Fußgängerzone wurde, blieben die jetzt abgeflachten Randsteine erhalten.

daten und fakten

Objekt: Quartiersentwicklung Leutbühel, Bregenz

Bauherr: Landeshauptstadt Bregenz, Vorarlberg vertreten durch Dr. DI Bernhard Fink

Architektur: Architekten Wimmer-Armellini,

Bregenz, www.wimmer-armellini.at

Fachplanung: Statik Arkade: DI Erich Huster, Hämmerle-Huster, Bregenz; Bauleitungen Landeshauptstadt Bregenz: Bauabschnitt 1: Stefan Carotta; Bauleitung Bauabschnitt 2-3: Matthias Bozic; Bepflanzung: Jürgen Kiesenebner, Stadtgärtnerei Bregenz; Entwässerung: Rudhardt | Gasser |

Pfefferkorn ZT, Bregenz

Planung: 05/2016 (Wettbewerb)–01/2023

Ausführung: 2018–2023

Flächen: 14.553 m²

Stadtmöblierung: Bäume, Sitzbänke, Fahrradbügel, Mopedparkplätze, Brunnen, Gastgärten, Zonen für Märkte und Events

Oberflächen: Arkade: Stahlbau mit Verkleidung; Boden: Farbasphalt, Pflaster mit Sickerfuge, Kiesflächen; Streifen aus gesägten Natursteinplatten für Barrierefreiheit

Ausführung: Stahlbau: Geiger, Nenzing; Baumeister: Rhomberg Bau, Bregenz und Hilti & Jehle, Feldkirch; Schlosser: Bauhof Bregenz; Bepflanzung: Stadtgärtnerei Bregenz

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Vor dem Einkaufszentrum GWL wurde ein Baumhain mit zehn Bäumen in einem Kiesbett errichtet. Einige Sitzmöbel ermöglichen einen konsumationsfreien Ort der Begegnung.
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Die Arkaden des Einkaufszentrums wurden nach außen verlängert, sodass auf Höhe des Leutbühel die Terrasse der Gastronomie aus dem ersten Stock vergrößert werden konnte.

Eine Baukulturgeschichte von vai Vorarlberger Architektur Institut.

Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at. Mit freundlicher Unterstützung von der Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen

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