Rechnungshof warnt Gemeinden: “Es ist ein geniales Geschäftsmodell”

Kooperation mit privatem Beratungsunternehmen bringe Abhängigkeiten und ökonomische Nachteile. Gemeinden widersprechen.
Bregenz “Es ist ein geniales Geschäftsmodell“, sagt Rechnungshofdirektorin Brigitte Eggler-Bargehr über die Arbeit des Beratungsunternehmens ISK. Dieses erarbeitet für eine Gemeinde ein Entwicklungskonzept, welches unter anderem ergibt, dass die Gemeinde das Beratungsunternehmen weiterhin braucht, wenn sie etwa Wohnbau und Arbeitsplätze schaffen möchte. Der Gemeinde fehlt das Geld und das Know-how. Also holt sie Externe ins Boot. In elf Kommunen im Land werden diese Projekte deshalb über Projekt- und Strukturentwicklungsgenossenschaften – kurz PSG – erbracht, die drei Mitglieder zählen: Die Gemeinde mit knapp 60 Prozent Anteilen, die regionale Raiffeisenbank mit knapp 40 Prozent und das oben genannte Beratungsunternehmen – Institut für Standort-, Regional- und Kommunalentwicklung (ISK) – mit rund einem Prozent. Der Rechnungshof hat sich die PSG in Doren, Sulzberg und Schruns angesehen und stellt fest: Die Gemeinden setzen sich beachtlichen Risiken aus – von Abhängigkeiten bis Mehrkosten.

PSG sind Genossenschaften, die Grundstücke kaufen, entwickeln und wieder verkaufen. Das Dorfhus in Sulzberg wurde über eine PSG abgewickelt, Arztpraxis sowie Wohn- und Geschäftsräume sind entstanden. Das Betriebsgebiet Montafonerstraße in Schruns, bei dem ebenso eine PSG zum Einsatz kam, brachte zahlreiche Arbeitsplätze. Aber es kann auch schiefgehen, wie sich in Doren zeigt. Dort hat es die PSG nie aus den roten Zahlen geschafft. Sie erwarb für das Projekt KleinWien die ehemalige Bäckerei um 270.000 Euro, die Gemeinde mietete sich für ein Jahr um 500 Euro monatlich ein, bezahlte Renovierung und Ausstattung. Mittlerweile beträgt die Miete 600 Euro und soll auf 1000 Euro steigen. Für die Gemeinde eine günstige Lösung – nicht aber für die PSG, deren Obmann übrigens der Bürgermeister ist. Ein Interessenskonflikt, sagt der Rechnungshof. Nun steht im Raum, dass die PSG die Immobilie direkt an die Gemeinde verkauft. Doren würde doppelt draufzahlen: Die PSG wäre auf Kosten der Steuerzahler saniert, gleichzeitig wären die günstigen Mietkosten weg, erklärt Eggler-Bargehr. In Doren widerspricht man dieser Darstellung.

„Man kann nicht davon ausgehen, dass die Interessen eines Privaten immer im Einklang mit dem Gemeinwohlinteresse sind“, erklärt die Rechnungshofdirektorin. Kritisch sei auch, dass die Schulden einer PSG nicht zum öffentlichen Haushalt gezählt werden. Die privaten Partner agierten sehr unternehmerisch. So wirbt das ISK damit, dass bei einer PSG „für die Bank ein Zinsaufschlag über Marktniveau möglich ist“. Würde eine Gemeinde allein einen Kredit aufnehmen, wäre der Zinssatz niedriger, dafür müsste sie das Projekt aber zu 100 Prozent finanzieren. Gleichzeitig verrechnen die Privaten alle Leistungen, während die Gemeinden manche Kosten zum Teil allein schultern.

Zusätzlich beansprucht das ISK Exklusivitätsrechte für viele Beratungsleistungen. Die Gemeinden sind in der PSG völlig an das Unternehmen gebunden. Bei den Krediten, die über den zweiten Partner – die regionale Raiba – laufen, liegen keine Vergleichsangebote vor. Und es kommen weitere Risiken hinzu. So ist es theoretisch möglich, dass die Gemeinden trotz Anteilsmehrheit von Entscheidungen in der PSG ausgeschlossen werden. In allen geprüften PSG wurden für Bankgeschäfte Einzelzeichnungsberechtigungen gefunden. Das beteiligte Beratungsunternehmen kann theoretisch Leistungen verrechnen und sich selbst bezahlen.
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Ist eine Gemeinde einmal in einer PSG, kommt sie zudem kaum raus, kritisiert Eggler-Bargehr. Ein ausgeschiedenes Mitglied habe nur Anspruch auf seine Geschäftsanteile, nicht auf Gewinnrücklagen, Wertsteigerungen durch Umwidmungen oder Vermögen wie Immobilien. Alternativen zu den PSG gebe es aber kaum, wie eine stärkere Unterstützung der öffentlichen Hand bei großen Raumplanungsprojekten.
Die Gemeinden betonen ebenfalls, oft keine andere Möglichkeit zu sehen, sind aber gleichzeitig zufrieden mit den PSG. Mit ihnen könne ein optimales Umfeld für die Gemeindeentwicklung geschaffen werden.