Messerattacke in der Arbeiterunterkunft

03.05.2024 • 17:29 Uhr
Prozess, Landesgericht
Eine Messerstecherei in einer Arbeiterunterkunft in Weiler beschäftigte am Freitag das Landesgericht Feldkirch. EC
 

Geschworene verneinten Mordversuch einstimmig: Nur ein Jahr Gefängnis für Angeklagten.

Feldkirch Im Mai 2022 kam es in Weiler in einer Arbeiterunterkunft zu einem Messerangriff. Ein damals 58-jähriger türkischer Arbeiter versuchte laut Anklage, seinen Arbeitskollegen durch Stiche in den Hals zu töten, weshalb die Staatsanwaltschaft Mordversuch anklagte. Laut Verteidiger Josef Lercher liegt kein Mordversuch vor. Der Angeklagte behauptet, dass es sich um einen Unfall handelte. Aus einem verbalen Streit sei eine Schubserei entstanden. Da er gerade ein Küchenmesser für seine Jause in der Hand hatte, habe er den Kontrahenten beim zu Boden Fallen versehentlich am Arm verletzt. „Es war ein Unfall“, so der nunmehrige Rentner. Mehrere Ausholbewegungen mit dem Küchenmesser Richtung Hals habe er niemals getätigt, so der heute 60-Jährige, der seit über 35 Jahren in Österreich lebt. Sogar Notwehr steht im Raum, da der Angeklagte behauptet, er sei angegriffen worden und er habe sich lediglich gewehrt.

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Opfer schwer mitgenommen

Das Opfer, ebenfalls Bewohner der Arbeiterunterkunft, erzählt etwas ganz anderes. Es habe einen Streit wegen des verschmutzten WCs gegeben. Das Opfer habe den Türken wegen der Verunreinigung zurechtgewiesen und ihn aufgefordert, das Pissoir zu benutzen. Der Angesprochene sei deshalb in Rage geraten und habe immer wieder versucht, ihn in den Hals zu stechen. Dass das 25 Zentimeter lange Küchenmesser den 39-jährigen Deutschen durch einen Stich „nur“ am Oberarm verletzte, sei dem Umstand zu verdanken, dass das Opfer die Stiche in den Hals abwehren konnte. „Ansonsten hätte er mir sicher in den Hals gestochen“, erinnert sich das Opfer unter Tränen. „Auch heute, rund zwei Jahre später, nimmt der Angriff meinen Mandanten schwer mit“, so Opferanwalt Surena Ettefagh.

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Verteidigter Josef Lercher ist überzeugt, dass sein Mandant keinesfalls töten wollte. EC
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Die Tatwaffe: einer Küchenmesser mit einer Länge von 25 Zentimeter. EC

Opfer bestätigt

Ein weiterer Zeuge bestätigt die Angaben des Opfers und schildert entgegen der Unfallversion des Angeklagten: „Ich bin dazwischen gegangen, damit nicht noch mehr passiert und habe ihn aufgefordert, das Messer wegzulegen. Doch das tat er nicht. Irgendwann stand er nach der Rangelei samt Messer vom Boden auf und ging weg“, so ein Tatzeuge, der ebenfalls in der Arbeiterunterkunft wohnte. Die Geschworenen sind dennoch allesamt davon überzeugt, dass der Angeklagte den Arbeitskollegen nicht töten wollte und sprechen sich einstimmig gegen einen Mordversuch aus. Viel eher, nämlich mit sieben von acht Stimmen, können sie sich mit versuchter, absichtlich schwerer Körperverletzung anfreunden. An Notwehr scheinen sie nicht zu glauben. Somit ergibt sich für den bislang Unbescholtenen eine Haftstrafe von drei Jahren, zwei davon werden auf Bewährung ausgesprochen. Das Opfer bekommt 2000 Euro Entschädigung. Bewährungshilfe wird angeordnet und der Verurteilte darf sich dem Opfer nicht mehr nähern. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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Einige Bekannte verfolgten den Prozess. EC
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Der bislang unbescholtener Angeklagter spricht von einem Unfall. EC