Die Rechnung, Herr Ober!

Die letzten Jahre waren aufgrund multipler Krisen schwierig für die Menschen und undankbar für die politisch Verantwortlichen. Mit viel Steuergeld ist versucht worden, die Auswirkungen der Coronakrise und die darauffolgende hohe Inflation zu bekämpfen. Die Regierung hat viele Milliarden für die Unternehmen locker gemacht, um eine drohende Rezession abzufedern. Bei der Inflation hat sie gar nicht erst versucht, die Ursachen zu bekämpfen. Sie hat einfach viel Steuergeld in die Hand genommen, um mit Einmalzahlungen an die Haushalte die Auswirkungen der stark gestiegenen Preise etwas zu mildern. Und so wurde auch leichtfertig in Kauf genommen, dass es durch die höhere Inflation auch zu höheren Lohnabschlüssen kommt, was in der Folge die Wettbewerbsposition unserer Exportwirtschaft verschlechtert. Hätte die Regierung die Inflation ernsthaft bekämpft, wäre es gar nie zu dieser Situation gekommen, die weder die Gewerkschaften noch die Unternehmen gewollt haben.
„Das Wehklagen über die deswegen so stark strapazierten Staatsfinanzen setzt jetzt verstärkt ein.“
Fast gleichzeitig, so quasi im Vorbeigehen, wurden im Parlament auch noch steuerliche Erleichterungen für Kapitalgesellschaften durchgesetzt. Als hätten diese es nötig und als könnten wir uns das alles einfach so leisten. Das Wehklagen über die deswegen so stark strapazierten Staatsfinanzen setzt jetzt verstärkt ein. Auch wenig überraschend: Vorgetragen wird es von jenen bezahlten oder überzeugten Vertretern der Unternehmer, die zuvor sehr leise oder ausdrücklich dagegen waren, dass unser Staat wie die Schweizer gewisse Lebensmittelpreise regelt oder die Energiepreise nach spanischem Muster deckelt.
Die entscheidende Frage ist natürlich, wer kommt für die vielen Milliarden auf? Ginge es nach Neos oder anderen, konservativen Vertretern, dann sollen selbstverständlich nicht jenen zur Kasse gebeten werden, die durchaus in der Lage wären, einen höheren Beitrag zum Steueraufkommen zu leisten. Sie wollen zuerst einmal im Pensionssystem sparen. Jenes weltweit anerkannte und trotz demografischer Herausforderungen sehr stabile Pensionssystem, das über zwei Millionen Menschen im Alter einen vernünftigen Lebensstandard sichert. Was sie natürlich nicht dazu sagen: ihre Vorstellungen würden in erster Linie die aktiven Beitragszahler, und das sind bekanntlich die Arbeitnehmer, benachteiligen. Also genau jene Gruppe, die sowieso schon am meisten zur Finanzierung ihrer Altersversorgung beiträgt. Angesichts der finanziellen Schieflage des Staatshaushalts besteht erstmal die wirkliche Gefahr, dass unser Pensionssystem zum Opfer politischer Lobbyisten wird, denen es nie um das Wohl der Vielen, sondern immer nur um den Profit der Wenigen geht.
Rainer Keckeis ist ehemaliger AK-Direktor Vorarlberg und früherer Feldkircher VP-Stadtrat.