“Nach Mamas Tod nimmt mich mein Bruder auf”

28.07.2024 • 15:40 Uhr
Geschichte mit Gabi Schöpf.
Gabi Schöpf an ihrem Arbeitsplatz. Sie bringt auf die Kartons Etiketten an. Alexandra Serra (5)

Gabi Schöpf (53) ist kognitiv beeinträchtigt. Trotzdem meistert die Dornbirnerin Beruf und Familie.

Dornbirn Gabi Schöpf (53) arbeitet seit 35 Jahren bei der Firma Josef Mäser in Dornbirn, die Geschirr und Haushaltswaren verkauft. 1989 wurde hier für die kognitiv beeinträchtigte Frau ein geschützter Arbeitsplatz eingerichtet. Gabis Aufgabe ist es, auf Kartons Etiketten anzubringen. Außerdem arbeitet sie am Laser. Sie stellt Trinkgläser auf ein laufendes Förderband – auf die Gläser werden dann mittels Laser Füllmarkierungen angebracht.

Vor dem Eintritt ins Berufsleben besuchte Gabi, die von Geburt an beeinträchtigt ist, die Sonderschule. „Ich kann lesen. Aber mit Rechnen tue ich mir schwer.“ Bis vor fünf Jahren arbeitete die Dornbirnerin Vollzeit. Inzwischen ist die 53-Jährige aus gesundheitlichen Gründen aber nur mehr halbtags beschäftigt. „Ich habe Probleme mit dem Rücken.“ Logistikleiterin Alexandra Moser ist mit Gabi hochzufrieden. „Sie macht ihren Job gut, ist pünktlich und verlässlich.“

Geschichte mit Gabi Schöpf.
Gabi mit Logistikleiterin Alexandra Moser.

Neben der Arbeit kümmert sich die gehandicapte Frau um ihre Mutter Christine. Mit ihr lebt Gabi unter einem Dach. „Mama ist vergesslich geworden.“ Gabis Sorge ist es, dass ihre Mutter einmal vergisst, den Herd auszuschalten. Ihre zuckerkranke Mutter braucht inzwischen immer mehr Hilfe. „Mama ist wie ein Kind.“ Jetzt sind die Rollen vertauscht. Gabi kocht, geht einkaufen und zur Bank. „Nun habe ich die Verantwortung für Mama.“

Geschichte mit Gabi Schöpf.
Gabi mit ihrem Jobcoach Hartmut Hofer.

Manchmal fühlt sich die Frau mit der Behinderung überfordert. Aber sie muss ihre Sorgen nicht in sich hineinfressen. Seit sieben Jahren wird Gabi von Jobcoach Hartmut Hofer betreut. Er arbeitet für die Firma „dafür Unternehmens- und Personalberatung GmbH“. „dafür“ organisiert die berufliche Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigung in Vorarlberg. Vom Ende der Pflichtschule bis zum Pensionsantritt beraten und begleiten Mitarbeiter von „dafür“ Menschen mit Beeinträchtigung auf dem Weg einen passenden Arbeits- und Ausbildungsplatz zu finden und zu erhalten.

Geschichte mit Gabi Schöpf.
Gabi stellt Trinkgläser auf das Förderband.

Hofer entging nicht, dass Gabi Rückenschmerzen hat. „Ich habe für sie Physiotherapie organisiert und einen Kuraufenthalt.“ Ihr Wohl ist ihm ein Anliegen. Es freut ihn auch, wenn sie in ihrer Freizeit Spaß hat. Er weiß, dass sie mit einer Freundin regelmäßig das Hallenbad besucht und in die Sauna geht.

Gabi schätzt ihren Jobcoach. „Er versteht mich gut.“ Ihm vertraut sie auch persönliche Dinge an. „Ich würde wieder einmal gerne ein Country-Konzert besuchen.“ Gabi hört zu Hause viel Countrymusik. „Ich tanze dazu. Das genieße ich.“ Bald steht Urlaub an. Die gehandicapte Frau freut sich darauf. „Eine Bekannte hat mich Anfang August zum Eisessen eingeladen.“ Ihren Bruder Joachim wird sie dann auch wieder sehen. „Wir zwei haben uns immer schon gut verstanden. Als ich klein war, hat er mir immer schützend die Hand auf die Schulter gelegt.“ Gabi ist froh, dass Joachim in ihrem Leben ist. „Wenn Mama stirbt, nimmt er mich auf. Dann schaut er auf mich.“  

Geschichte mit Gabi Schöpf.
Jobcoach Hartmut Hofer betreut Gabi seit sieben Jahren.