„Ich bin vielleicht nicht ganz so schrullig”

Michael Hausenblas präsentiert in der Landesbibliothek sein Roman-Debüt.
Bregenz Die Katze im Buch gibt es wirklich. Michael Hausenblas aus Bregenz und Herr Karl teilen sich vier Wände in Wien. Seine Wohlheimat, denn der 55-jährige Neffe des Künstlers Gottfried Bechtold arbeitet seit über 25 Jahren beim Standard. Mit „Der Uhrmacher und das Flüstern der Zeit“ legt der Vorarlberger nun sein Debüt vor. Und überzeugt mit einer tiefgehenden und berührenden Geschichte, um einen schrulligen Protagonisten, der versucht, das Rätsel der Zeit zu ergründen.
VN: Was fasziniert Sie an der Zeit?
Michael Hausenblas: Zeit betrifft uns alle. Wir wundern uns, wie schnell eine Woche vergeht, ein Monat, ein Jahr. Und schwupps wird man älter und fragt sich wo die Zeit hingegangen ist. Mir ging es darum, zu fragen, woraus ein Augenblick, ein Jetzt besteht. Und zu hinterfragen, was Zeit eigentlich ist. Oder sein könnte. Mir ist klar, dass das viele Menschen tun und wahrscheinlich immer schon taten. Ich hab es auf meine Art versucht.
VN: „Wie viele Sandkörner es wohl sein mögen? Hat der Sanduhrmacher sie gezählt? Wofür stehen sie? Für Zeit? Für Vergänglichkeit? Für die Sterne? Für Liebesnächte, Tränen, geleerte Weingläser, gerauchte Zigaretten, Sorgen oder Atemzüge?“ Sie stellen den Lesenden viele philosophische Fragen. Wofür stehen die Sandkörner in Ihrem Roman tatsächlich?
Michael Hausenblas: Ich denke, sie stehen für die Macht der Zeit über uns. Sie sind einzeln betrachtet winzige Sinnbilder, die uns die Vergänglichkeit klarmachen. Sofern wir das zulassen. Wir kommen ohne der Zeit nicht aus. Sie ohne uns allerdings sehr wohl.

VN: Ihr Buch liest sich wie ein innerer Monolog. Wieviel Hans Held steckt in Ihnen persönlich?
Michael Hausenblas: Viele seiner Gedanken, seine Fragen, seine Spaziergänge durch die Innenstadt, auch sein Stammlokal, das sind alles Dinge meines Alltags. Ich bin vielleicht nicht ganz so schrullig wie mein Protagonist. Und ich lebe auch nicht allein. Die Katze im Buch gibt es übrigens wirklich. Und in die Wohnung darf sie auch, im Gegensatz zum Buch.
VN: Auffallend ist Ihre schöngeistige Sprache und das Spiel mit Formulierungen. Haben Sie einen Hang zur Ästhetik auch in der Sprache?
Michael Hausenblas: Ich denke schon. Auf meinem Nachttisch finden sich sehr viele Klassiker, von den russischen Schriftstellern bis hin zu Hemingway, Thomas Mann, Leo Perutz oder Guy de Maupassant. So verschieden deren Schreiben auch sein mag, sie zeigen wunderbare Bilder. Und letztendlich soll Literatur Bilder freisetzen, oder? Mir gefallen auch alte Wörter, die heute kaum mehr verwendet werden. Darum wird Hans Held auch „Hagestolz“ genannt. Wer weiß heutzutage noch was ein Hagestolz ist?

VN: Welche Rolle kommt der alten Dame zu, die die Sanduhr bringt?
Michael Hausenblas: Sie ist eine Art Schicksalsgespenst. Man weiß nicht, ob sie es gut mit Hans Held meint. Oder vielleicht doch böse. Man weiß nicht einmal, ob es sie wirklich gibt. Oder ob sie nur Hans Held erscheint.
VN: Sie haben Geschichte studiert und dann als Matrose bei der Bodenseeschifffahrt gearbeitet. Wann ist bei Ihnen überhaupt der Wunsch entstanden, zu schreiben?
Michael Hausenblas: Die Sehnsucht nach dem Schreiben war schon sehr früh da. Ich bin ja in meinem Brotberuf Journalist beim Standard, wo ich hauptsächlich im Magazin Rondo schreibe. Da gibt es immer wieder größere Texte und Reportagen. Ein Kollege meinte einmal, das wäre eine Art „halb literarisches“ Schreiben. So gesehen schreibe ich schon seit über 25 Jahren beruflich. Im Journalismus herrschen halt andere Regeln. In der Literatur ist man frei. Das kann Fluch und Segen zugleich sein.
CRO