“Liebe tut alles, damit es dem anderen gutgeht”

Lebenslange Liebe: Pauls rührende Fürsorge für seine demenzkranke Frau Ingrid.
Bludenz Paul Verzetnitsch und Ingrid Baxa holten beide die Matura im Abendgymnasium für Werktätige in Wien nach. „Eine Zeitlang waren wir in derselben Klasse“, erinnert sich Paul (86). Aber Ingrid beachtete ihn damals nicht. „Ich war erst 17 und sie neun Jahre älter als ich.“ Beim Maturatreffen am 31. Jänner 1964 begegneten sie sich wieder. „Wir verließen das Gasthaus zur gleichen Zeit. Draußen schneite es stark. Ingrid war mit dem Fahrrad gekommen. Ich fragte sie, ob ich sie mit dem Auto nach Hause bringen soll. Sie nahm das Angebot gerne an.“ Das war der Anfang ihrer Liebe. „Seit damals sind wir zusammen. Wir heirateten am 21. Dezember 1964.“

Drei Töchter krönten das Glück der Lehrerin und des Werkstoffprüfers. „Wir haben immer alles gemeinsam gemacht“, zeigt Paul auf, dass sie als Paar unzertrennlich waren. Die Ehe war glücklich. „Wir zwei hatten nie ein Problem miteinander. Wir haben höchst selten gestritten und Probleme jedes Mal ausgeredet.“ Deshalb dachte Paul auch nie daran, seine Frau zu verlassen. „Das Band zwischen uns ist eisern.“
Beim Sturz eine Gehirnblutung erlitten
Als Ingrid im Alter krank wurde, war es für ihn selbstverständlich, dass er ihr zur Seite steht. „Ich liebe Ingrid. Liebe tut alles, damit es dem andern gut geht.“ Außerdem: „Bei der Hochzeit versprach ich ihr die Treue in guten und in schlechten Tagen, in Gesundheit und Krankheit, bis dass der Tod uns scheidet.“ In der Nacht auf den 5. Juni 2020 stürzte seine Ehefrau auf dem Weg zum WC. Das hatte verhängnisvolle Folgen. „Am Morgen brach Ingrid im Badezimmer zusammen.“ Im Spital wurde schnell klar, dass sie beim Sturz eine starke Gehirnblutung erlitten hatte.

Ingrid kam mit dem Leben davon, aber seither ist sie gehandicapt und auf einen Rollstuhl angewiesen. Deshalb entschied Paul im August 2020, in eine betreute Wohnung im Sozialzentrum Laurentius-Park in Bludenz zu ziehen. „In dem Haus kann man sich wohlfühlen. Denn hier passen alle auf einen auf.“ Anfangs kümmerte sich Paul allein um seine Frau. „Bis ins Jahr 2023 ging alles wunderbar. Aber dann verschlechterte sich Ingrids Zustand. Sie wurde immer unbeweglicher, konnte nicht mehr stehen. Sie wurde auch immer verwirrter, entwickelte eine Demenz.“ Nun war der Zeitpunkt da, um für Ingrid einen Pflegeplatz im Heim zu beantragen.

Paul blickt liebevoll auf seine Liebste, die neben ihm im Rollstuhl eingenickt ist und mittlerweile im Pflegeheim betreut wird. Mit sanfter Hand streicht er ihr übers Haar. Am Anfang hatte der 86-Jährige Probleme damit, dass Ingrid aufgrund ihrer Demenzerkrankung nicht mehr ansprechbar ist. „Das zu akzeptieren war schwer. Ich trauerte um den Menschen, der sie einmal war.“ Aber mittlerweile kommunizieren die beiden auf ihre eigene Art. „Oft reicht es schon, wenn wir Händchen halten oder ich ihr ein Bussi gebe. Auf das besteht sie“, sagt er lächelnd und drückt seiner friedlich schlummernden Gefährtin zärtlich einen Kuss auf die Wange.
