“Papa konnte nur eine Woche ohne Mama sein”

Adolf und Annemarie Schatz gingen gemeinsam durchs Leben – und verließen es fast zur gleichen Zeit.
Hohenems Sie waren noch halbe Kinder, als sie sich im Jahr 1954 in Telfs kennenlernten. Annemarie war 16 Jahre alt, Adolf zwei Jahre älter. Das junge Paar aus Tirol, das im Jahr 1958 heiratete, hatte ein gemeinsames Ziel. Sie wollten sich mit einem Metzgereibetrieb selbstständig machen. Ende der 50er Jahre tat sich eine Möglichkeit in Vorarlberg auf. Metzgermeister Adolf und sein „Käferle“ – so nannte er seine Frau liebevoll – konnten die Metzgerei Ruf in Hohenems übernehmen.

„Meine Eltern sind 1960 nach Vorarlberg gezogen. Hier fingen sie bei null an. Es war ein harter Weg, zumal sie anfangs den Vorarlberger Dialekt nicht verstanden“, berichtet Tochter Liesbeth Nicolussi-Schatz. Aber die beiden waren tüchtig. Bald schon florierte die Metzgerei. Adolf arbeitete in der Schlachterei und Annemarie verkaufte die Fleisch- und Wurstwaren. „Sie ergänzten sich gut.“ Ihre Arbeitstage waren lang. Sie begannen um 6 Uhr und endeten gegen 20 Uhr.
Beruflich lief es gut, auch privat war ihnen das Glück hold. Annemarie schenkte drei gesunden Kinder das Leben. Rainer, Liesbeth und Barbara mussten von klein auf mithelfen. „Wir waren ein Familienbetrieb und mussten zusammenhalten.“ Bei all dem Erfolg blieben Adolf und Annemarie Menschen. „Mama war sehr sozial. Sie schenkte Kunden, die kein Geld hatten, Würstchen.“

Adolf und Annemarie verstanden sich gut, obwohl sie Tag und Nacht beieinander waren. „Meine Eltern hatten eine große Wertschätzung füreinander.“ Tochter Liesbeth kann sich an keine lauten Diskussionen oder Streitereien erinnern. Einmal im Jahr gönnte sich das Ehepaar einen einwöchigen Urlaub in der italienischen Thermenstadt Abano Terme. „Sie haben auch die spärliche Freizeit zusammen verbracht und alles gemeinsam gemacht.“ Sie waren sich nie überdrüssig, im Gegenteil: „Es ging nicht ohne den anderen.“
Im Jahr 1994 konnten sie den Betrieb ihrem Sohn Rainer übergeben. „Meine Eltern freuten sich, dass ihr Lebenswerk fortgeführt wurde.“ Doch der Seniorchef war weiterhin jeden Vormittag in der Metzgerei. Auch Annemarie hörte nach der Geschäftsübergabe nicht zu arbeiten auf. „Mama war für die Enkel- und Urenkelkinder da und bügelte täglich Berge von Metzgereiwäsche.“

Aber die viele harte Arbeit hinterließ bei beiden Spuren. „In den letzten vier Jahren waren meine Eltern krank. Sie mussten gepflegt werden.“ Der Tod ihres Sohnes Rainer im Jahr 2023 setzte ihnen zudem schwer zu. „Meine Eltern trösteten sich gegenseitig.“
Bevor das Ehepaar, das 70 Jahre gemeinsam durchs Leben ging, starb, war es gleichzeitig im Spital. Es teilte sich ein Zimmer. „Als die Ärzte uns klarmachten, dass es keine Hoffnung mehr gibt, holten wir Mama und Papa nach Hause, denn ihr Wunsch war es, daheim sterben.“ Die Familie schaffte Pflegebetten an, die man zusammenstellen konnte. „Meine Eltern waren es gewohnt, zusammen in einem Bett zu schlafen.“ Laut Liesbeth hielten sie bis zuletzt Händchen.

Annemarie starb am 23. Februar 2025 im Beisein ihrer Töchter. „Sie schlief friedlich ein.“ Nur eine Woche später, am 2. März 2025, ging auch Adolf für immer. „Papa ist Mama nachgefolgt. Er konnte nur eine Woche ohne Mama sein.“ Liesbeth greift zu einem Taschentuch und wischt sich die Tränen aus den Augen. Sie muss mit der großen Leere fertigwerden, die der Verlust ihrer Eltern hinterlassen hat.
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