“Diese Frage war umsonst!”

Ayleen Mesa geht offen mit ihrem Dasein als Pflegekind um.
Bregenz Ayleen Mesa (21) wuchs bei einer Pflegefamilie im Montafon auf. Heute folgt sie ihrem Kindheitstraum und absolviert eine Ausbildung zur diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerin in Feldkirch. Ihre Pflegeeltern gingen immer offen mit der Thematik um. Ayleen tut es ebenfalls. „Ich finde es wichtig, darüber zu sprechen. Kinder und Jugendliche sollen wissen, dass sie nicht die einzigen sind, denen es so geht“, möchte die junge Frau Bewusstsein schaffen. Sie ist außerdem überzeugt, dass auch Menschen, die überlegen, ein Pflegekind aufzunehmen, von den Erfahrungen erwachsener Pflegekinder profitieren können.
Liebe und Zweifel
Ein Pflegekind zu sein hat Ayleen Mesa laut eigenem Bekunden nie gestört. „Ich habe es von Anfang an gewusst, und natürlich gab es manchmal eine Phase, in der man sich über alles Gedanken macht“, erzählt sie. Am schlimmsten sei die Zeit der Pubertät gewesen, aber, relativiert Ayleen: „Da ist sowieso alles schwierig.“ Das Mädchen war zwölf, als ihr ausführlich erklärt wurde, warum es in eine Pflegefamilie kam. Pflegeeltern und Pflegekinderdienst wollten warten, bis sich die Jugendliche selbst damit beschäftigt und die Situation versteht. Ayleen sagt: „Ich habe mich stets geliebt und akzeptiert gefühlt“, verhehlt jedoch nicht den Zweifel, der zuweilen an ihr nagte, die Pflegeeltern würden das eigene Kind bevorzugen. Ihr Betreuer vom Pflegekinderdienst erklärte ihr dann: „Ayleen, in deinem Herzen ist ein kleines Loch, das niemand reparieren kann.“ Sie setzte sich lange und oft mit diesen Satz auseinander: „Dadurch verstand ich, warum ich glaubte, dass meine Pflegeeltern ihren Sohn mehr lieben als mich, was jedoch nicht stimmte.“ Wird Ayleen gefragt, ob sie Geschwister hat, lautet die feste Antwort: „Ja, ich habe einen Bruder“, und: „Er wird immer mein Bruder bleiben“.
Pflegetochter in allem bestärkt
Zu ihrer leiblichen Mutter hatte die junge Frau ebenfalls Kontakt und dabei die volle Unterstützung der Pflegeeltern: „Ich durfte sie sehen, wann immer ich wollte.“ Sie räumt ein, dass sie sich manchmal wünschte, bei den leiblichen Eltern aufwachsen zu können, besonders, wenn Freunde aus ihrem Familienleben erzählten und sie bei vielem nicht mitreden konnte. Oft plagte Ayleen auch die Frage, ob die Liebe, die Kinder von den eigenen Eltern erhalten, eine andere ist. „Heute denke ich, dass ich so viel Liebe von meinen Pflegeeltern bekam, dass diese Frage eigentlich umsonst war“, hat sie die Antwort für sich gefunden. Sie haben die Pflegetochter auch darin bestärkt, so zu sein, wie sie ist und das zu machen, worauf sie Lust hat: „Ich danke ihnen dafür, dass sie sich darum gekümmert haben, dass ich den Weg gehen kann, den ich mir gewünscht habe.“ Im Oktober wird Ayleen ihre Ausbildung zur diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerin abschließen. Ihr Wunsch ist es auch, selbst einmal ein Pflegekind aufzunehmen, denn: „Ich glaube, dass ich einem Kind sehr gut helfen kann, weil ich weiß, wie es sich anfühlt, ein Pflegekind zu sein.“
Pflegekinderdienst
193 Kinder wurden 2024 in 152 Pflegefamilien betreut.
7 Kleinkinder wurden in Bereitschaftspflegefamilien aufgenommen.
10 Kinder bekamen in einer Pflegefamilie ein neues Zuhause.
Die meisten Pflegekinder waren zwischen 7 und 12 Jahre alt.
Infos zu Pflegschaften: www.vorarlberger-kinderdorf.at