Sorgenvoller Blick in die Zukunft

02.05.2025 • 15:17 Uhr
Mittelschule Au Inklusion
Nicole Klocker-Manser hat die Online-Umfrage initiiert. VN/Rauch

Vertreter von Menschen mit Behinderung und deren Familien wollen Lobby gründen.
 

Schwarzach Menschen mit Behinderung und deren Familien wollen Sparmaßnahmen, die sie direkt treffen, nicht tatenlos hinnehmen. Am kommenden Montag, dem Tag der Inklusion und Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen soll es zur Gründung einer Lobby kommen. Ziele und Forderungen werden im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt. Eines ist jetzt schon klar: Angehörige von Menschen mit Behinderung blicken sorgenvoll in die Zukunft. Das ergab auch eine Online-Umfrage des Netzwerks Eltern und Inklusion (NELI), an der sich 203 Eltern beteiligten. „Als erste Medienberichte auftauchten und die Institutionen mit konkreten Sparmaßnahmen konfrontiert waren, standen die Telefone bei uns nicht mehr still“, berichtet Nicole Klocker-Manser, auch Obfrau der Integration Vorarlberg. Die Ergebnisse aus der Umfrage würden eine klare Sprache sprechen: „Bei Menschen mit Behinderung und damit bei uns Familien den Sparstift anzusetzen, ist der völlig falsche Ansatz und ein Schuss nach hinten für den Sozialbereich und dessen Finanzierung.“

Dramatische Aussagen

Die Online-Umfrage lief von 25. März bis 14. Mai 2025 (die VN berichteten bereits über erste Details). Teilgenommen haben Familien aus ganz Vorarlberg, der Großteil kam mit 55 Prozent aus dem Rheintal. Eine beträchtliche Gruppe nutzte die Möglichkeit, die Antworten zu erläutern. Was Eltern demnach besonders umtreibt ist die Frage, wie es mit dem Kind weitergeht, wenn sie selbst die Betreuungsarbeit nicht mehr leisten können (83 Prozent). Auch die Begleitung von erwachsenen Kindern mit Behinderung bedeutet eine Herausforderung, wie 62 Prozent angaben. Einige Aussagen zeigen laut Nicole Klocker-Manser in einem alarmierenden Ausmaß, wie sehr Familien mit Kindern mit Beeinträchtigung psychosozial belastet sind. Beispiele: „Wir stecken als Eltern extrem zurück; ich bin inzwischen so am Limit, dass ich überlege, mit meinem bisschen Erwerbsarbeit ganz aufzuhören, da ich einfach nicht mehr kann; Freunde treffen am Abend – was ist das?; es bleibt so gut wie alles auf unseren Schultern hängen; die stundenlange Pflege, die emotionale Last und der finanzielle Druck, weil die Krankheit Geld kostet und das Pflegegeld nicht einmal unseren Einkommensverlust kompensiert; jedes Mal, wenn ich versuche Hilfe zu finden, diskutiere ich wochenlang und stehe oft zum Schluss alleine da.“

Nicole Klocker-Manser und Claudia Niedermair.
Nicole Klocker-Manser (l.) und Claudia Niedermair bemühen sich sehr um Inklusion.

Wartezeiten und Jobängste

Es hakt aber auch schon ganz praktisch. Familienentlastungsgutscheine können nicht eingelöst werden, weil es an Personal fehlt, therapeutische Angebote werden gekürzt, der Zugang zu notwendigen Therapien ist erschwert, es gibt lange Wartezeiten und keine Ersatztermine. Die Streichung von Transporten, etwa bei der Lebenshilfe, führt zu Jobängsten, weil diese Aufgabe nun die Familien, vorzugsweise die Mütter schultern müssen. Bei der Integration in die Regelschule (Mittelschule) hapert es aufgrund von Personalmangel ebenfalls. Laut Aussage von Eltern gibt es kein Personal für den Nachmittagsunterricht bzw. die Nachmittagsbetreuung. Die Schließung der unterstützenden Einrichtungen in den Herbstferien ist ein weiteres Problem, das auf Familien zukommt. „Diese Daten brauchen keine weitere Interpretation“, fasst Nicole Klocker-Manser nüchtern zusammen, bietet aber an: „Gerne stehen wir für konstruktive Gespräche und Mitarbeit zur Verfügung.“ Die SPÖ will die, wie sie es nennt herzlosen Kürzungen im Sozialbereich zum Thema der Aktuellen Stunde in der Landtagssitzung am 7. Mai 2025 machen.

Info: Online-Forum des Landes für Rückmeldungen zur Weiterentwicklung der Familienentlastungsangebote: www.vorarlberg.mitdenken.online

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