Pures Abenteuer auf zwei Rädern

03.07.2025 • 12:00 Uhr
walter jochum
In dieser Hütte in Lappland nächtigte der Weltenbummler.

Der 79-jährige Dornbirner Walter Jochum erobert auf seinem Fahrrad die Welt. Von Rückschlägen lässt er sich nicht entmutigen. Vom Krankenbett geht es zurück auf die Straße.

Dornbirn Walter Jochum (79), ein gelernter Büromaschinenmechaniker, der in der Mineralölbranche, im Fahrzeugbau und in der Abwasserwirtschaft erfolgreich tätig war, reiste schon immer gerne. “Ich war überall auf der Welt, außer in Südamerika.” Seine drei Kinder profitierten auch von seiner Reiselust. “Zur bestandenen Matura machte ich mit ihnen eine Weltreise.”

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Einmal im Jahr bricht Walter Jochum zu einer großen Radtour auf.

Jochum arbeitete bis zu seinem 67. Lebensjahr. “Dann zog ich die Reißleine.” Nach seiner Pensionierung ging er zu Fuß den Jakobsweg. “Ich wollte mal richtig abschalten.” Das einsame Wandern in der Natur und die Begegnungen mit Menschen aus aller Welt faszinierten ihn derart, “dass ich beschloss, was Ähnliches mit dem Fahrrad zu machen”. Das war der Startschuss für seine großen Radtouren, auf denen er bis zu 2500 Kilometer zurücklegte.

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Walter Jochum fuhr mit dem Rad bis zum Nordkap.

Die erste längere Radreise führte ihn von Prag der Elbe entlang nach Cuxhaven (Deutschland). “Damals war ich noch mit einem normalen Fahrrad unterwegs. Im Jahr 2019 schaffte ich mir ein E-Bike an, um längere Tagesetappen machen zu können.” Inzwischen hat der Dornbirner schon zwölf lange Radtouren bewältigt. Diese führten ihn unter anderem ans Nordkap, nach Venedig und nach Helsinki, nach Hamburg und Berlin, nach St. Petersburg und ans Schwarze Meer. “Das Schöne dabei ist, dass man auf dem Fahrrad Land und Leute intensiv kennenlernt und an der frischen Luft ist.”

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Walter Jochum mit seiner Enkelin Annalena.

Der Weltenbummler plant die mehrwöchigen Reisen in den Wintermonaten bis ins Detail. “Schon die Planung ist eine faszinierende Arbeit.” Stundenlang sitzt der agile Rentner am PC und surft im Internet. “Viele Fragen müssen vorab geklärt werden: Wo fahre ich hin? Was möchte ich mir anschauen? Wo kann ich nächtigen? Wie viele Kilometer reicht mir mein Akku? Wo kann ich eventuell aufladen? Wie komme ich an den Startort? Wie organisiere ich die Rückreise?”

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Walter Jochum in St. Petersburg.

Im Jahr 2023 wollte Jochum von Arles (Südfrankreich) nach Marokko radeln. Aber er kam nicht weit. In der Stadt Séte wurde er von einem Auto angefahren. „Ich wurde bewusstlos und bin erst im Rettungsauto aufgewacht.“ Bei dem Unfall brach er sich das Steißbein und zog sich eine Gehirnerschütterung zu. Zu Hause hatte der Verkehrsunfall noch ein Nachspiel. „Ich suchte einen Neurologen auf, weil ich Probleme mit dem Gleichgewicht hatte. Ein MRT zeigte, dass sich in meinem Kopf zwei Blutgerinnsel gebildet hatten. Zunächst dachten die Ärzte an eine Operation. Aber dann entschieden sie sich für eine sanftere Methode. Einen Monat lang musste ich Tabletten einnehmen, die halfen, die Blutung zu stoppen.“

Für heuer hatte der 79-Jährige wieder eine große Tour geplant. “Ich wollte von Villach nach Athen fahren.” Aber das Leben kam ihm dazwischen. “Im April bekam ich plötzlich starke Bauchschmerzen. Hinzu kam Schüttelfrost.” Im Spital wurde Jochum zum Notfall. “Man musste mich sofort operieren. Ich hatte einen Darmdurchbruch.” Es stand spitz auf Knopf um ihn. “Zwei Tage lag ich auf der Intensivstation.”

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Gut geschützt bei Minusgraden.

Der Dornbirner kam nach dem gesundheitlichen Rückschlag aber wieder schnell zu Kräften. “Ich fahre schon wieder jeden Tag 50 bis 60 Kilometer mit dem Rad.” Im August möchte der begeisterte Radfahrer die 790 Kilometer lange Strecke von Villach über die Küste von Istrien nach Venedig bewältigen. Und zum 80er, den er im nächsten Jahr feiert, wird er sich selbst das schönste Geschenk machen. “Ich möchte von Montpellier aus nach Tarifa fahren, zum südlichsten Punkt Europas”, ist er schon jetzt voller Vorfreude.