Man war lieb zueinander

VN-Kommentar von Walter Fink.
Endlich wurde bei den Bregenzer Festspielen mit dem Zustand aufgeräumt, dass die künstlerische Leiterin bei der Eröffnung zwar in der ersten Reihe sitzt, aber nichts zu sagen hat. Am Mittwoch stellte sich die neue Intendantin Lilli Paasikivi zumindest in der Form vor, als sie gekonnt und locker die Moderation auf der Bühne übernahm. Damit war auch das Ende des sich seit Jahren wiederholenden Puppenspielers als Ansager gekommen. Dass mit Paasikivi der Norden den Bodensee erreicht hat, tat sie auch gleich in einem kurzen Video aus der Sauna mit „Die Finnen kommen“ kund.
Erstaunlich war, dass in der ganzen Eröffnung die 30-Prozent-Kürzung der Festspiel-Subventionen – mit Ausnahme einer Randbemerkung – keine Rolle spielte. Keine Klage der Festspiele durch Präsident Hans-Peter Metzler, deshalb keine Antwort von Kunstminister und Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ), der die Bühne aber für ein auch parteipolitisches Statement nutzte – nicht zur Freude aller. Die Demokratie sei in Gefahr ausgehöhlt zu werden, wenn die zwei Säulen, auf denen sie ruhe – die soziale und die liberale – aus dem Gleichgewicht gerieten. „Die reichsten fünf Prozent in Österreich besitzen so viel wie die übrigen 95 zusammen“, meinte Babler, was zu Resignation und Vertrauensverlust führe. Genau hier könne die Kunst ihren Beitrag leisten, indem sie „das Beste in uns kultiviert – unsere Fähigkeit zur Empathie“.
Bundespräsident Alexander van der Bellen sah ebenfalls die Krisen, die uns umgeben. Aber, so meinte er mit Hinweis auf das Spiel auf dem See: „Jeder Fluch lässt sich bannen.“ Es werde in Zukunft nicht alles einfach gut, es gehe auch nicht alles unter, aber es werde alles viel mehr „turbulent und unvorhersehbar“. Es gebe auch Spielräume – und die biete vor allem die Kunst, die uns lerne, mit Neuem umzugehen und die guten Seiten des Menschseins zu stärken. „Festspiele, wie hier in Bregenz, haben einen enormen Wert für unser Land“, schloss der Bundespräsident.
Zu den Sparmaßnahmen blieb es aber, wie gesagt, still. Man wollte sich gegenseitig nicht weh tun, man war lieb zueinander. So fehlte eine Erklärung von Kulturminister Babler über die Subventionskürzungen, die Bregenz im Gegensatz zu anderen Einrichtungen – etwa den Salzburger Festspielen – ziemlich hart treffen. Es fehlte auch eine Kritik von Präsident Metzler und die Erklärung, warum diesen Kürzungen in den nächsten beiden Jahren ausgerechnet die Aufführungen des Burgtheaters zum Opfer fallen. Könnte es möglich sein, dass sich die Festspiele des Theaters, das sie ohnehin immer als Stiefkind gesehen haben, entledigen wollen?
Noch eine traurige Randbemerkung: Der frühere Landtagsabgeordnete und Kultursprecher der (damals allerdings noch anderen) FPÖ, Dietger Mader, starb nur wenige Tage vor Festspielbeginn. Er war Ende der siebziger Jahre einer der wichtigen Kämpfer um einen Neubeginn bei den Festspielen, ohne ihn gäbe es dieses Festival in der heutigen Form nicht. Dafür sei ihm gedankt!