Nachruf auf Walter Gasser: Hüter der Bregenzer Mundart

19.08.2025 • 10:45 Uhr
Walter Gasser - Mundartdichter, Kinderdorf-Geschäftsführer und Faschingsprinz aus Leidenschaft
Walter Gasser – Mundartdichter, Kinderdorf-Geschäftsführer und Faschingsprinz aus Leidenschaftprivat

Walter Gasser war mehr als ein Bregenzer Original – er war Bewahrer der Mundart, sozialer Visionär und Herz der Faschingskultur seiner Stadt.

Von Christine Nachbauer

Bregenz Am 19. Juni 2025 verstarb Walter Gasser im Alter von 91 Jahren – und mit ihm ging ein Stück authentisches Bregenz zu Ende. Geboren am Rosenmontag 1934 in der Mehrerau, war er untrennbar mit seiner Heimatstadt verbunden und prägte diese jahrzehntelang wie kaum ein anderer.

Der junge Walter Gasser als Schulbub in der Mehrerau - bereits damals mit seinem charakteristischen Lächeln
Der junge Walter Gasser als Schulbub in der Mehrerau – bereits damals mit seinem charakteristischen Lächeln.

Sozialer Pionier mit Herz

Walters Lebenswerk war das Vorarlberger Kinderdorf. 1951 schloss er sich Kaplan Hugo Kleinbrod bei der Gründung an und widmete diesem Projekt seine gesamte Berufslaufbahn. Zunächst beim Aufbau in Au-Rehmen tätig, wurde er später Geschäftsführer und baute das Kinderdorf Bregenz-Kronhalde mit auf. Bis zu seiner Pensionierung 1995 war er persönlicher Ansprechpartner und Vertrauensperson für alle ihm anvertrauten Kinder und Jugendlichen.

Seine soziale Ader zeigte sich auch in seiner langjährigen Tätigkeit als Nikolaus der Stadt Bregenz. Jahrzehntelang besuchte er Kindergärten, Schulen, Spitäler und Familien und sorgte für leuchtende Kinderaugen.

Als Nikolaus der Stadt Bregenz sorgte Walter Gasser fast ein halbes Jahrhundert lang für leuchtende Kinderaugen
Als Nikolaus der Stadt Bregenz sorgte Walter Gasser fast ein halbes Jahrhundert lang für leuchtende Kinderaugen.

Faschingsprinz und Mundartbewahrer

1961 wurde Walter als “Ore der V.” zum fünften Bregenzer Faschingsprinzen gewählt – ein Höhepunkt seines Engagements für die Fasnat. Jahr für Jahr begleitete er die Umzüge, hielt Reden am Schnorrapfohl und wurde dafür mit dem goldenen Schnorrapfohl ausgezeichnet. Bis zuletzt blieb er aktives Mitglied bei den Bregenzer Altprinzen.

Walter Gasser als
Walter Gasser als “Ore der V.” – 1961 wurde er zum fünften Bregenzer Faschingsprinzen gewählt.

Doch Walter war nicht nur Gelegenheitsdichter – er war Bewahrer der alten Bregenzer Mundart. In einer Zeit, in der die alte Bregenzer Sprache mehr und mehr verschwand, hielt er den Klang des alten Bregenz aufrecht. Seine Gedichte, zunächst auf Zetteln am Küchentisch verfasst, wurden 2020 im Büchlein “Mi Breagaz – Übr d’Lit und vo dr Zit” veröffentlicht. Die Präsentation vor ausverkauftem Haus im Vorarlberg Museum war ein Triumph.

In seinem Gedicht “Was witt no meh” brachte er seine Liebe zu Bregenz auf den Punkt: “Mei hond mir’s z’Breagaz doch so schäh, mir hond dr Berg, mir hond de See, mir künnand wandera und bada, mir künnand, wenn mr wend, ou radla, durchs Riead oder rund um a See: I frog mi do, was witt no meh.”

Ehrenvoller Abschied

Für seine Verdienste erhielt Walter 2024 zu seinem 90. Geburtstag das Stadtsiegel von Bürgermeister Michael Ritsch. Bereits 2017 wurde er zum “Ehrenseebrünzler” ernannt.

Walter Gasser beim Signieren seines Buches:
Walter Gasser beim Signieren seines Buches: “Mi Breagaz – Übr d`Lit und vo dr Zit”

Walter Gasser hinterlässt seine Ehefrau Christl, die er liebevoll “Maus” nannte, Tochter Angelika und die Enkel Elias und Noah. Sein Abschiedsgruß “Honds frei mitanand; i ka it all dabei si” wird vielen in Erinnerung bleiben.

Bis zuletzt wanderte Walter täglich auf den geliebten Gebhardsberg. Dort oben, mit Blick über sein Bregenz, fand er Kraft und Inspiration. Seine Schritte verstummten erst kurz vor seinem Tod – wie seine Stimme, die das alte Bregenz zum Leben erweckte. Walters Erbe wandert weiter: in den Menschen, die er berührte, und in der Mundart, die durch ihn überlebt.

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