Hoffnung für die Bundespolitik
Die Zeichen stehen auf Sturm: SPÖ-Kanzler Werner Faymann hat seinen Ruf nach einer Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer „für die Reichsten“ bekräftigt. ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling hat eine solche erst im Jänner wieder ausgeschlossen; das werde es mit ihm „niemals“ geben. Ungeachtet aller Willensbekundungen wird es damit immer unwahrscheinlicher, dass bis zum 17. März – der selbstgesetzten Frist – eine Einigung über die Steuerreform zustande kommt. Womit die beiden Regierungsparteien ihre Zusammenarbeit beenden werden. Was wiederum eine Zäsur sein wird. Die Zusammenarbeit der (einst) großen Lager ist prägend für die 2. Republik gewesen. Doch schon die Neuauflage nach einem schwarz-blauen Intermezzo 2007 ist von beiderseitigem Unwillen geprägt gewesen. Daher gibt es seither nicht einmal Konsens in den grundsätzlichsten Bereichen, wie etwa der Außenpolitik; ganz zu schweigen von denen, die dem Land über Jahrzehnte hinweg Wohlstand und Stabilität beschert haben, vor allem also der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Heute herrschen Gegensätze, wo immer man hinschaut. Daher wird es eine Große Koalition zur Bildung einer Bundesregierung nach dem kommenden Bruch nicht noch einmal geben.
Übertrieben? Keine Spur: Werner Faymann kann sich einen Kompromiss bei der Steuerreform genauso wenig leisten wie ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner. Ersteren hat ÖGB-Präsident Erich Foglar diese Woche wissen lassen, dass es eine Vermögenssteuer geben müsse. Den Gesetzen der parteiinternen Logik folgend ist das so etwas wie ein Befehl, der nicht verweigert werden kann. Mitterlehner wiederum, der Morgenluft wittert, wird sich hüten, nachzugeben. Wie schon seine Vorgänger Josef Pröll und Michael Spindelegger würde er damit seine Chancen vereiteln, als starker Kanzlerkandidat in die nächsten Wahlen zu gehen.
Mögen sie also das Ende ihrer Ära selbst besiegeln. Weiter schlimm ist es nicht: Regierungspolitik ist ohnehin nur noch ein mäßig unterhaltsames Programm, das sich auf Scheinfragen beschränkt. Reformen bleiben aus. Dass Österreich dennoch funktioniert, ist einem starken Verwaltungsapparat zu verdanken. Viel ärger kann es also nicht mehr werden.
Im Gegenteil. Neuwahlen wären eine willkommene Gelegenheit, endlich zu einer Wiederbelebung der Politik zu schreiten, damit sich diese etwa dem Schuldenberg zuwendet, der seit 2007 um weitere 80 Milliarden Euro gestiegen ist. Diese Chance darf man sich nicht länger dadurch verbauen, dass man sich auf zwei Szenarien fixiert, die da lauten: „Es kommt eh wieder Rot-Schwarz.“ Oder: „Strache wird Kanzler.“ Wer die Aussichten darauf reduziert, ignoriert, wie mobil der Wählermarkt geworden ist: SPÖ und ÖVP halten kaum noch 50 Prozent. 2013 sind mit dem Team Stronach und den Neos gleich zwei neue Parteien in den Nationalrat gekommen. Und bei den jüngsten Urnengängen haben nicht nur die Freiheitlichen, sondern auch die Grünen da und dort die größten Stimmenanteile erobert. All das ist vor zehn Jahren noch undenkbar gewesen und sorgt dafür, dass immer mehr Regierungsvarianten möglich werden.
Mögen SPÖ und ÖVP das Ende ihrer Ära also selbst besiegeln. Weiter schlimm ist es nicht.
johannes.huber@vorarlbergernachrichten.at
Johannes Huber ist freier Journalist und lebt in Wien.
Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.
Kommentar