“Sie waren alle bis Freitag noch voller Optimismus”

Politik / 28.06.2015 • 22:51 Uhr
Sie bleiben Griechen im Herzen und auch Optimisten: Basil Charalombous und seine Tochter Marianna. Foto: Shourot
Sie bleiben Griechen im Herzen und auch Optimisten: Basil Charalombous und seine Tochter Marianna. Foto: Shourot

Basil und Marianna Charalombous leiden in Feldkirch mit ihren Landsleuten.

Feldkirch. „Das glaubst du nicht“, starrt Marianna Charalombous (35) auf ihr Smartphone und schüttelt den Kopf. Sie zeigt die Bilder herum. Darauf zu sehen: Menschenschlangen vor Bankomaten in Athen. Marianna hat nicht nur ein Bild von einem Bankomaten. Sie hat mehrere Fotos von verschiedensten Geldspendern mit demselben Motiv. „Die Menschen holen, was zu holen ist. Auch meine Freunde.“ Mit denen ist die zweifache Mutter, die vor drei Jahren noch selbst in Athen lebte, in ständigem Kontakt.

„Eine Freundin erzählte mir von ihrem Chef. Der gab ihr den Lohn in Form eines Schecks. ‚Renn sofort zur Bank und hol dir das Geld‘ empfahl ihr der Boss.  Das tat sie dann auch.“

Gespaltenes Herz

„Die Griechen haben bis vergangenen Freitag nicht daran geglaubt, dass es so weit kommt“, berichtet Papa Basil (75). Sein Herz ist gespalten. Einerseits sind die Entwicklungen in seiner alten Heimat für ihn logisch und nachvollziehbar, andererseits verteidigt er auch seine ehemaligen Landsleute. „Man kann Verständnis für das Referendum aufbringen. Das ist schließlich direkte Demokratie. So wie sie in der Schweiz auch praktiziert wird. Andererseits ist es auch unvernünftig. Schließlich sind die Griechen so etwas noch nicht gewohnt.“

Der gastfreundliche Mann hatte das Dilemma kommen sehen. „Seit es diese Krise gibt, hat keine positive Entwicklung stattgefunden. 2012 war Syriza noch zu schwach. Im Jänner dieses Jahres wurden sie in die Regierung gewählt. Das Problem der Partei: Sie vereinigt mehrere völlig unterschiedliche Interessensgruppen in sich. Kommt hinzu, dass Tsipras und Varoufakis professionellen Politikern wie Merkel oder Hollande in puncto Erfahrung unterlegen sind. Varoufakis ist ein  Theoretiker, kein Politker.“

Via TV live dabei

Ganz abgesehen davon, dass laut Meinung von Charalombous die Politik das Gesetz des Handelns aus der Hand gegeben hat. „Es ist das Kapital, welches das Gesetz des Handelns bestimmt. Die Politik ist nur noch eine Begleiterin“, glaubt der Pensionist. Von Samstag auf Sonntag hat er bis fast in die Morgenstunden die Berichterstattung im griechischen Parlament verfolgt. So richtig schlau ist er daraus aber nicht geworden.

Nur eines weiß der 73-Jährige: Dürfte er am kommenden Sonntag beim Referendum mitstimmen, würde er seine Stimme der pro-europäischen Seite geben. „Ich bin dafür, dass wir in Gottes Namen diese harten Bedingungen annehmen. Weil die Unsicherheit darüber, was sonst kommen wird, einfach zu groß ist“, argumentiert er.

Leben und Kaffee trinken

Der in Altenstadt wohnhafte Grieche glaubt, dass die Bevölkerung mehrheitlich Ja zu den auferlegten Maßnahmen sagen wird, die von Währungsfond, Zentralbank und EU den Griechen auferlegt werden. „Ich bin Optimist und glaube nicht, dass die Katastrophe kommen wird. Der Grieche ist überhaupt ein Optimist.“ Das neue Modell der Sparsamkeit und der Ehrlichkeit fordere den Griechen jedoch einiges ab. Es werde Zeit brauchen, bis diese Haltung Früchte zeige. „Ganz klar ist, dass die Einhebung von Steuern jetzt schon viel besser funktioniert als früher. Heute wird jeder Betrieb genau überprüft. Der Staat schaut dazu, dass die Steuern bezahlt werden.“ Das weiß auch Basil Charalombous’ Bruder, der in Athen Inhaber einer Feuerlöscher-Firma ist. „Die Situation ist für ihn nicht einfach. Wie für viele meiner Landsleute nicht. Ich bleibe mit ihnen selbstverständlich auch von Vorarlberg aus eng verbunden.“

Wie man die Situation der Griechen auf einen Schlag merklich verbessern könnte, glaubt Tochter Marianna zu wissen. „Man sollte endlich in der Schweiz das Geld der steinreichen Griechen holen. Die haben einfach alles jahrelang ins Ausland geschafft, während das Volk in der Heimat blutet. Sie kaufen Luxuswohnungen in London. Junge Griechen in ihrer Heimat haben hingegen keine Wohnung. Sie müssen, bis sie 50 sind, zu Hause bei den Eltern wohnen.“ Deren Optimismus bewundert Marianna: „Sie haben keine Perspektive, aber sie leben, lachen und trinken Kaffee.“

Man sollte sofort den steinreichen Griechen ihr Geld von den Schweizer Konten holen.

Marianna Charalombous