Sozialhilfevereinbarung soll bis Montag stehen

Nach Treffen in Wien liegt Vorschlag bereit. Nun entscheiden die Bundesländer.
Wien. Wenn sich die Strippenzieher der Republik zu entscheidenden Sitzungen treffen, ist ihnen Aufmerksamkeit gewiss. Im Vorfeld versuchen Parteien und Interessenvertreter, für ihre Meinung zu werben. Wie am Donnerstag: Am Nachmittag trafen sich die Sozialreferenten der Länder mit Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) in Wien, um über die Zukunft der Mindestsicherung zu verhandeln. Zuvor ließen innerhalb einer Stunde zahlreiche Organisationen, wie die Caritas, SOS Mitmensch und die Lebenshilfe, die Verhandler per Aussendung wissen, was sie von einer Kürzung halten. Nämlich nichts. Am Ende des Tages stand zwar keine Einigung im Raum, aber ein Kompromiss, der eine Kürzung vorsieht beziehungsweise vorsehen kann.
Der Vorschlag zur neuen Bund-Länder-Vereinbarung (15a-Vereinbarung) sieht vor, dass eine Höchstgrenze der Mindestsicherung bei 1500 Euro eingezogen werden kann. Aber nur bei „arbeitsfähigen Vollbeziehern“, wie es aus dem Ministerium auf VN-Anfrage heißt. Dies würde in Österreich rund 40.000 Menschen betreffen. Allerdings mit einer Ausnahme, die Vorarlbergs Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne) betont: „Es wäre eine Kann-Bestimmung.“
Angelehnt an Vorarlberg
Zudem soll, ähnlich der Vorarlberger Integrationsvereinbarung, bei Flüchtlingen eine Unterschrift nötig sein, um die volle Mindestsicherung zu erhalten. Ansonsten erhalten sie 520 Euro statt der vollen 837 Euro. Dies soll der ÖVP-Forderung nach einer „Mindestsicherung light“ genüge tun. Die Residenzpflicht und die Wohnkosten seien kaum diskutiert worden, schildert Wiesflecker. Mit diesen Vorschlägen im Gepäck reisen die Landesräte nun in ihre Heimat, um sie mit den Kollegen zu beraten. Viel Zeit bleibt nicht.
Sozialminister Stöger gibt den Ländern bis Montagmittag Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Niederösterreichs zuständige Landesrätin Barbara Schwarz (ÖVP) bezeichnete eine Zustimmung bereits als „nicht sehr wahrscheinlich“. Sie bedauere, dass kein Vorschlag enthalten sei, der die Höhe an die Aufenthaltsdauer knüpft. Auch mit der „Kann-Bestimmung“ hat sie keine Freude. Für Stöger ist der Vorschlag aber ein letztes Angebot. „Andernfalls muss ich mit großem Bedauern zur Kenntnis nehmen, dass eine gemeinsame Lösung bewusst verhindert wurde“, sagt er. Sollten Niederösterreich und Oberösterreich ablehnen, werden sieben Bundesländer mit dem Bund die Vereinbarung treffen. Die Bundes-ÖVP müsste jedoch mitziehen. Die Zeit drängt, die 15a-Vereinbarung läuft dieses Jahr aus.
Richtsätze diskutiert
Der aktuelle Vorschlag würde den Ländern einigen Spielraum bieten. In Vorarlberg könnte dies sogleich genützt werden. Die Landesregierung hat die Richtsätze im Visier. Das ist jener Wert, der die Lebenserhaltungskosten festlegt und die Mindestsicherung berechnet. Für Einzelpersonen liegt er bei rund 630 Euro. Das gilt auch für Bezieher, die etwa in einer Wohngemeinschaft (WG) leben. Bei Paaren, die zusammenwohnen, liegt der Richtsatz bei 470 Euro pro Person. Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) kann sich diesen Wert auch für WG-Bewohner vorstellen: „Wenn jemand alleine wohnt, sind die Lebenserhaltungskosten anders, als wenn man mit acht Personen zusammenlebt.“ Was verschiedene Interessengruppen davon halten, wird sicherlich auch bald bekannt sein.
Der Deckel wäre eine Kann-Bestimmung. Länder können ihn einziehen, müssen es aber nicht.
Katharina Wiesflecker