Kathrin Stainer-Hämmerle

Kommentar

Kathrin Stainer-Hämmerle

Schicksalswahl für Europa?

Politik / 26.05.2019 • 20:09 Uhr

Schicksalswahl für Europa? Ja, denn diese Wahl entscheidet über die Zukunft der Europäischen Union. Die Neos gingen mit den Vereinigten Staaten ins Rennen und wurden nicht belohnt dafür. Die FPÖ betonten ihr Modell der starken Nationalstaaten und wurden nicht bestraft dafür. Doch beide sind froh über ihr Ergebnis aufgrund der innenpolitischen Zuspitzung.

Testwahl für den Nationalrat? Jein, denn die Wähler unterscheiden sehr wohl die Politikebenen. Bis September vergeht noch viel Zeit und wer hätte vor zehn Tagen gedacht, dass die größte Zukunftshoffnung der ÖVP sich heute einem Misstrauensvotum stellen muss. Dennoch war der gestrige Abend ein Fehlstart für die SPÖ und ein Turbo für die Grünen.

Stimmungswahl für den Bundeskanzler? Definitiv. Kurz ist der große Gewinner dieser Wahl, obwohl er nicht kandidiert hat. Das gestrige Ergebnis liefert nur Argumente, warum ihn SPÖ und FPÖ nicht zum einfachen Nationalrat degradieren können. Das Timing von Nationalratspräsident Sobotka war perfekt. Die Grundlage für die „Märtyrer-Erzählung“ ist unabhängig vom heutigen Abstimmungsergebnis gelegt.

Alle Parteien können die Demokratie als große Gewinnerin ausrufen. Schließlich ist die Wahlbeteiligung gestiegen, auch wenn es dazu einen innenpolitischen Skandal gebraucht hat. Das stimmt wiederum nachdenklich. Die Gefahr ist groß, dass alle Parteien nun schnell zum Alltag zurückkehren und nur wenig aus den letzten Tagen lernen. Wenn „Jetzt erst recht!“ zum allgemeinen Slogan wird, ist das ein denkbar schlechter Start in den nächsten Wahlkampf.