Ohne Hoffnung geht gar nichts
Unser aller Reise durch die Coronakrise ist ein anstrengender Abenteuertrip mit viel trial and error, also etwas versuchen und im Fall des Irrtums verwerfen. Die türkis-grüne Regierung fährt dabei einen anhand der bisher bekannten Faktenlage verständlichen Kurs mit ordentlichem Druck, aber auch starken Appellen an das Gemeinschaftsgefühl, das nach den Einschränkungen der vergangenen Wochen teilweise etwas brüchig zu werden scheint.
Gestresste Eltern, verzweifelte Geschäftsinhaberinnen oder Gastronomen, Maturanten und Maturantinnen in Panik – fast jede und jeder hat eben seine eigenen Probleme durch die Coronakrise. Und manchmal schien die Belastung schon zu viel und die Momente der Hoffnung zu selten gesät. Wenn wir zum Beispiel an den Beginn der vergangenen Woche denken, als Bundeskanzler Sebastian Kurz noch sagte: „Bald wird jeder jemanden kennen, der an Corona gestorben ist” oder Vizekanzler Werner Kogler von Modellrechnungen mit bis zu 100.000 Toten sprach, im negativsten Fall. Wir müssen uns weiterhin ernsthaft anstrengen, um das gefährliche Virus in den Griff zu bekommen, das war und ist das Mantra.
Perspektive gesucht
Immerhin, bei der Regierungs-Pressekonferenz diesen Montag präsentiert man den ersten Plan für das schrittweise Wieder-Hochfahren des Landes nach der Osterwoche. Und das vermittelt endlich ein Gefühl der Hoffnung, das vielen schon schmerzlich gefehlt hat. Die kommende Woche werde entscheidend dafür, ob die „Wiederauferstehung“ nach Ostern so stattfinden könne, meint der Kanzler. Also weiterhin brav sein und Verzicht üben, in einem katholisch geprägten Land kann man ja so kommunizieren. Nach Wochen des wachsenden Drucks und der Verwirrung – Merksatz für Politikmenschen: bitte keine verwirrenden Erlässe herausgeben, wenn man selbst schon nachvollziehbarerweise verwirrt ist! – brauchen viele jetzt diese Perspektive auf eine Rückkehr zu einem zumindest normaleren Leben.
Ja, man kann in der Politik künftig ruhig öfter sagen: Wir wissen es noch nicht. Oder auch: Das war ein Fehler.
Ohne Hoffnung geht gar nichts. Der Staat kann Druck von oben machen, sich um die Leute kümmern oder auch an ihre Vernunft appellieren. Doch ohne so etwas wie ein maßvolles Hoffnungs-Management und große politische Aufrichtigkeit wird man längerfristig in der Krisenbekämpfung nicht erfolgreich sein können. Ja, man kann in der Politik künftig ruhig öfter sagen: Wir wissen es noch nicht. Oder auch: Es tut uns leid, das war ein Fehler. Das wäre ein guter Lerneffekt aus der Coronakrise.
Eines sollte der Regierung und uns allen allerdings klar sein: Es wird immer einen (hoffentlich möglichst geringen) Prozentsatz von Menschen geben, die man weder mit Strenge noch mit Vernunft erreichen kann, sich für das Gemeinsame zu engagieren. Völlige Ignoranz ist nicht heilbar.
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