Peter Schröder

Kommentar

Peter Schröder

Schicksalswahl in den USA

Politik / 02.11.2020 • 09:30 Uhr

Am morgigen Dienstag entscheidet sich in den Vereinigten Staaten, wer künftig als Präsident regieren und wie die Machtverteilung im Parlament aussehen wird. Auf die Ergebnisse wird das Land – und der Rest der Welt – wegen des antiquierten Wahlsystems vielleicht aber noch ein paar Tage oder auch länger warten müssen.

Und nicht jeder wird zufrieden und begeistert sein, wenn schließlich Joseph Biden ins Weiße Haus einzieht oder den USA und dem Rest der Welt noch vier weitere unberechenbare Jahre mit Donald Trump bevorstehen. So um die Hälfte der US-Wähler oder auch etwas mehr werden sich für Biden und damit eine Rückkehr der amerikanischen Politik zu mehr Humanität, Mitmenschlichkeit, Empathie sowie weltpolitischer Verantwortung und Partnerschaft entschieden haben. Und die anderen Wähler für das Gegenteil: für die von Trump in der letzten Amtszeit zelebrierte inhumane gesellschaftliche Spaltung, der Förderung der weltpolitischen Instabilität, die menschenverachtende Gesundheitspolitik und eine ruchlose Beschwichtigungspolitik, die vielleicht zu hunderttausend vermeidbaren Pandemie-Toten führte.

Doch wie das Wahlergebnis auch aussehen mag, es wird eines zeigen: Das “gute” Amerika mit Millionen von Amerikanern, die Hoffnung unzähliger Menschen in der Welt, ist nachweisbar nicht tot. Aber das hässliche Amerika der Ignoranz und des grenzenlosen Egoismus, der Gewalt und Brutalität, der erbarmungslosen Intoleranz und die Verfolgung und Unterdrückung Andersdenkender im In- und Ausland ebenfalls nicht.

Das “gute” Amerika mit Millionen von Amerikanern, die Hoffnung unzähliger Menschen in der Welt, ist nachweisbar nicht tot.

In Demokratien wie es die Vereinigten Staaten trotz aller Anstrengungen Trumps zum Aushebeln demokratischer Grundprinzipien noch sind, ist in den Augen aller Regierten kein Politiker und kein Regierungsprogramm “perfekt”. Die Frage ist in aller Regel nur, wer dem Ideal näher kommt.

Wegen der weiter bestehenden Einflussmöglichkeiten der wirtschafts- und sicherheitspolitischen Weltmacht USA ist der Wahlausgang eine Schicksalsfrage. Für die Vereinigten Staaten selbst und für den buchstäblichen Rest der Welt: Die Entscheidung zwischen einer Zukunft weiter so mit Trump oder der Aussicht auf Bidens Gegenteil des Trump-Desasters. Sein Nachfolger will politisch betreiben, was er Jahrzehnte lang als Senator im Washingtoner Parlament und als Vize des zweimal gewählten und mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Präsidenten Barack Obama aus tiefster Überzeugung wollte und vielfach auch gegen den erbitterten Widerstand der Trump-Republikaner erreichte.

Mit einem Präsidenten Joseph Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris wäre die Rückkehr eines “Amerika mit menschlichem Antlitz” zu erwarten. Bei einer Wiederwahl von Donald Trump dagegen all das, was viele Menschen schon vier Jahre lang als Zerrbild der Hoffnung Amerika erdulden mussten.