Impeachment-Verfahren startet

Im Jänner kam es zur Eskalation.
US-Senat nimmt heute seine Verhandlungen gegen Trump auf.
washington Wie kontrovers Donald Trumps Präsidentschaft war, lässt sich an der Liste der Amtsenthebungsverfahren in den USA ablesen: Erst vier solche Impeachment-Verfahren wurden seit dem Jahr 1868 vom Repräsentantenhaus gegen Präsidenten eröffnet, zwei davon gegen Trump – schon alleine dafür geht der 45. Präsident der USA in die Geschichtsbücher ein. Etwas mehr als ein Jahr nach dem Freispruch in seinem ersten Verfahren nimmt der Senat heute die Verhandlungen gegen den Republikaner auf.
Die Anklage
In der Anklage des Repräsentantenhauses, die von den Demokraten und zehn Republikanern in der Kammer verabschiedet wurde, wird Trump „Anstiftung zum Aufruhr“ vorgeworfen. Hintergrund ist die Erstürmung des Kapitols durch Anhänger des damaligen Präsidenten am 6. Jänner. Unmittelbar vor dem Angriff auf den Kongress, der zu dem Zeitpunkt den Sieg des Demokraten Joe Biden offiziell machen wollte, hatte Trump bei einer Kundgebung seine unbelegten Behauptungen wiederholt, dass ihm der Sieg durch Wahlbetrug „gestohlen“ wurde – und hatte seine Unterstützer unmissverständlich zum Kampf aufgerufen. Aus Sicht der Demokraten ist die Sache klar: Trump sei eine Bedrohung für die nationale Sicherheit, die Demokratie und die Verfassung, heißt es in der Anklageschrift. Deswegen müsse er nicht nur vom Senat verurteilt, sondern künftig für alle Ämter auf Bundesebene gesperrt werden.
Balanceakt für Republikaner
Die allermeisten Republikaner argumentieren, dass das Verfahren an sich nicht zulässig sei, weil Trump gar nicht mehr im Amt ist. Sie dürften darauf hoffen, eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Vorwürfen vermeiden zu können. 45 der 50 Republikaner im Senat unterstützten kürzlich einen Antrag aus den eigenen Reihen, mit dem das Verfahren für verfassungswidrig erklärt werden sollte. Das reichte zwar nicht aus. Das Stimmverhalten machte aber deutlich, dass die für eine Verurteilung notwendige Zweidrittelmehrheit im Senat nicht absehbar ist – dafür müssten 17 Republikaner mit den 50 Demokraten im Senat votieren.
Frage der Verfassungsmäßigkeit
Tatsächlich ist unter Juristen umstritten, ob das Verfahren gegen einen Ex-Präsidenten im Einklang mit der Verfassung steht. Der Wissenschaftliche Dienst des Kongresses kommt allerdings zu dem Schluss, dass die meisten Gelehrten es für zulässig halten. Der Senat nahm das Verfahren trotzdem auf. Die Ankläger des Repräsentantenhauses argumentieren, dass es nicht im Sinne der Urheber der Verfassung gewesen sein könne, die Nation „gegen den Verrat eines Präsidenten in seinen letzten Tagen“ wehrlos zu lassen. Sie verweisen auch darauf, dass die Eröffnung des Verfahrens beschlossen wurde, als Trump noch im Amt war.
Die Verteidigung
Trumps Verteidiger in dem Verfahren stehen erst seit vorvergangenem Sonntag fest. CNN berichtete, das ursprünglich vorgesehene Team habe hingeschmissen, weil Trump verlangt habe, dass die Anwälte sich auf seine unbelegten Wahlbetrugsvorwürfe konzentrieren – statt die Rechtmäßigkeit des Verfahrens infrage zu stellen. Die Zeit für die Stellungnahme der beiden neuen Verteidiger Bruce Castor und David Schoen war also eher knapp bemessen. Sie argumentieren ebenfalls, dass das Verfahren gegen einen Ex-Präsidenten – und damit gegen eine Privatperson –verfassungswidrig sei. Sie stellen zudem in Abrede, dass Trump den Mob überhaupt aufgestachelt habe, und sehen seine Ansprache darüber hinaus durch das in der Verfassung verankerte Recht auf Redefreiheit gedeckt. Trumps Wahlbetrugsvorwürfe haben nun ebenfalls Eingang in die Verteidigung seiner neuen Anwälte gefunden, auch wenn sie sich diese nicht zu eigen machen. „Es gibt nicht genügend Beweise, aus denen ein vernünftiger Jurist schließen könnte, dass die Aussagen des 45. Präsidenten richtig waren oder nicht, und er bestreitet daher, dass sie falsch waren“, schreiben sie in der Stellungnahme.

Rund ums Kapitol steht nun ein Zaun.
