Hoffen auf Reform
Klimaschutzministerin drängt auf Änderung des Euratom-Vertrags.
wien Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) will auf EU-Ebene mithilfe eines Gutachtens die Reform des Euratom-Vertrags einleiten. Gewessler und die Autorin des politisch-juristischen Gutachtens, die deutsche Anwältin Dörte Fouquet, haben am Montag die Eckpunkte ihrer Reformvorschläge in einer Pressekonferenz formuliert. Dabei geht es um mehr Sicherheit, strengere Haftungsregeln für die Betreiber von Atomkraftwerken und einen Stopp staatlicher Subventionen für die Atomenergie.
Grundpfeiler der EU
Konkret nannte die Ministerin Sicherheitsstandards für die Stilllegungen alter Atomkraftwerke und die Endlagerung von Atommüll, strenge und einheitliche Haftungsregeln für AKW-Betreiber sowie die Abschaffung der „unfairen Vorteile für die Atomenergie“ in Form von Subventionen aus Brüssel. Dass europäische Steuergelder in die Atomenergie fließen, bezeichnete Gewessler als überholt. Das in Atomenergie gesteckte Geld sei dadurch für erneuerbare Energien verloren. Der Euratom-Vertrag aus dem Jahr 1957 ist einer der vertragsrechtlichen Grundpfeiler der heutigen Europäischen Union. Alle Staaten, die der EU beigetreten sind, haben auch die Euratom-Regelungen als Teil des Gemeinschaftsrechts übernommen. Euratom ist rechtlich gesehen eine eigene internationale Organisation neben der EU, wird jedoch von den gleichen Institutionen verwaltet. Zu den Aufgaben der Euratom gehören die Entwicklung der Atomindustrie und die Förderung der friedlichen kerntechnischen Forschung.
Fouquet betonte, sie habe für das Gutachten auch frühere Euratom-Reformansätze und die Positionen der einzelnen Länder durchleuchtet. Unter den „großen Baustellen“ des Euratom-Vertrags nannte die Autorin der Expertise auch den derzeitigen Mangel des Demokratieprinzips in Atomfragen. „Das Europäische Parlament hat nur die Rolle eines großen Ohrs.“ Gewessler will mithilfe des Gutachtens nun bilaterale Gespräche mit potenziellen Verbündeten wie Belgien, Deutschland und Luxemburg suchen. „Wir suchen auf europäischer Ebene Allianzen, mit denen wir eine Reform des Euratom-Vertrags vorantreiben“, erläuterte die Ministerin. Sie sei zuversichtlich, den Reformprozess in Gang zu bringen.
Die Grünen-Politikerin verwies auch darauf, dass an Österreichs Grenzen derzeit gerade die Frage der Laufzeitverlängerung für bestehende Atomkraftwerke, etwa der slowenische Meiler Krsko, aber auch der Neubau eines Reaktors mit Mochovce III in der Slowakei aktuell sei.
Die FPÖ äußerte sich kritisch zu den Plänen. Es handle sich um einen „Kniefalls vor der Atomlobby“, kritisierte FPÖ-Umweltsprecher Walter Rauch. Es brauche keine Überarbeitung oder Gutachten, Österreich müsse unverzüglich aus Euratom aussteigen. Dagegen meinte der Grünen-Umweltsprecher Martin Litschauer, dass das von Gewessler präsentierte Gutachten einem gemeinsamen Antrag von Grünen, ÖVP, SPÖ und Neos im Umweltschuss des Nationalrat entspreche. Auch die Umweltorganisation Global 2000 forderte erneut die grundsätzliche Abschaffung „dieses Vertrags aus der naiv-atomfreundlichen Gründungszeit der EU.“
„Wir suchen auf europäischer Ebene Allianzen, mit denen wir eine Reform vorantreiben.“