Covid und Raubtier-Kapitalismus
Hurra, in Sachen Covid ist Land in Sicht: Die größte Impfaktion der Menschheitsgeschichte läuft. Noch viel mehr lebensrettender Impfstoff ist dank der von den großen Industrieländern versprochenen Impfspende bald auf dem Weg. Und Millionen von Menschen auf der Erde wird ein sonst sicherer Pandemie-Tod erspart bleiben. Alles gut also und den Alptraum der vergangenen zwei Jahre können wir schnell vergessen? Nein, denn die Realität ist eine ganz andere: Mehrere Millionen Menschen sind schon durch das Virus hinweggerafft worden. Wie nackte Zahlen schon jetzt belegen, werden trotz aller Impfdosen-Spendiererei in Zukunft noch weitere Millionen sterben müssen. Und die weltweite Pandemie-Bekämpfung hat unappetitliche Schattenseiten.
Nach Berechnungen der UN-Weltgesundheitsorganisation ist auf der Welt nur jeder Siebte geimpft. Die halbe Menschheit von fast acht Milliarden Menschen wird trotz aller Anstrengungen und Spenden auch keinen Tod verhindernden Impfstoff bekommen. Und viele Impfgegner, die ihn bekommen könnten, lehnen ihn ab. Heerscharen von vorsätzlich oder notgedrungen Ungeimpften werden sterben und auf dem Weg dahin Impfwillige infizieren und mit in den Tod reißen. Beratungsresistente oder gewissenlose Impfgegner werden, genauso wie korrupte oder mit schierer finanzieller Not geschlagene Regierungen, für den kommenden Tod von Millionen verantwortlich sein. Schuld auf sich laden werden zudem die Regierungen „reicher“ Länder, die mit mehr Impfstoff und finanziellen Unterstützungen für Impfkampagnen helfen könnten. Das Argument, dass die „reichen“ Länder die Rettung der Welt nicht finanzieren können, ist widerlegbar: Die Anschaffung und ein Drei-Jahres-Betrieb des neuesten US-Flugzeugträgers „Gerald Ford“ beispielsweise kostet rund 90 Milliarden Dollar. Mit diesem Aufwand könnte die gesamte Menschheit geimpft werden.
Und muss der Impfstoff, der einigen Konzernen schon viele Milliarden an Gewinnen in die Kassen spülte, so teuer sein? Es ist das gute Recht der Unternehmen, auch am „guten Werk“ verdienen zu wollen. Niemand verlangt, dass sie – wie bisher die Hersteller von zwei Impfstoffen (AstraZeneca und Johnson&Johnson) – auf Gewinne verzichten. Aber müssen es gleich zig Milliarden sein? Hemmungsloses Ausnutzen von Not ist nichts anderes als verachtenswerter Raubtier-Kapitalismus. Im Kampf um die Rettung vieler Menschenleben darf dafür kein Platz sein.
„Nach Berechnungen der UN-Weltgesundheitsorganisation ist auf der Welt nur jeder Siebte geimpft.“
Peter W. Schroeder
berichtet aus Washington, redaktion@vn.at