Selbstbewusst am Geburtstag

Kommunistische Partei Chinas feiert heute 100 Jahre ihres Bestehens.
peking Nichts weniger als „ein glanzvolles Kapitel in der Entwicklung der chinesischen Nation und des Fortschritts der Menschheit“ habe die Kommunistische Partei Chinas in ihren 100 Jahren geschrieben, rühmt Xi Jinping die KP zum runden Geburtstag heute, am Donnerstag. Die 95 Millionen Mitglieder sollten der Partei „vertrauen, sie lieben und sich ihr selbst hingeben.“ Sein Ton, die Machtfülle und der Personenkult um ihn erinnern an den „großen Steuermann“ und Staatsgründer Mao Tsetung. Kein Wort über die katastrophalen Wirren in der Parteigeschichte und ihre Millionen Opfer. Kein Wort über die Kulturrevolution oder den Widerstand in der Partei gegen wirtschaftliche Reformen, der China viel zu lange in Armut gehalten hatte. Die Partei strotzt zum 100. Geburtstag vor Selbstbewusstsein.
„Der Osten steigt auf, während der Westen im Niedergang ist“, wird Xi Jinping heute gerne zitiert. Die Unberechenbarkeit der Präsidentschaft von Donald Trump in den USA, die häufig demonstrierte Unentschlossenheit des freiheitlichen Westens im Umgang mit der Corona-Pandemie, die Risse in der alten Weltordnung werten die Ideologen in Peking als Beweise dafür, dass China den Systemwettbewerb eigentlich gewonnen habe.
Spannungen mit Ausland
Die Spannungen mit dem Ausland haben den bisher höchsten Stand in der jüngeren Geschichte des Landes erreicht. Die zweitstärkste Wirtschaftsmacht wird weithin als Rivale und als Bedrohung wahrgenommen. Unfaire Handelspraktiken, Menschenrechtsverstöße gegenüber Minderheiten wie Uiguren und Tibetern, Säbelrasseln gegenüber Taiwan, militärische Muskelspiele im Südchinesischen Meer und die Unterdrückung der Demokraten in Hongkong – all das lässt Sympathien schwinden. Auch wenn die Partei fest im Sattel sitze, reite sie doch durch risikoreiches Terrain, findet der Ex-Politikprofessor Wu Qiang. „Es besteht die Gefahr, jederzeit von einem Berghang zu stürzen“, so der Experte, den die Tsinghua-Universität wegen seiner kritischen Haltung entlassen hat. „Die größte Gefahr für China ist die internationale Isolation, in die es geraten ist.“
Millionen Chinesen, darunter immer mehr Jüngere, pilgern zu Revolutionsstätten, Denkmälern, Geburtsorten kommunistischer Führer und sogar zu Bäumen, die diese gepflanzt haben sollen. „Roter Tourismus“ habe 2019 umgerechnet 52 Milliarden Euro in die Kassen der Reisebranche gespült, verkündet stolz das Außenministerium.
Unter der Ein-Mann-Herrschaft von Xi Jinping gehört alle Macht wieder der Partei und ihrem Führer – wie einst zu Mao Tsetungs Zeiten. Sie lenkt den Staatskapitalismus, treibt die Digitalisierung voran, nutzt die Daten zur Überwachung. Dass die Partei unangefochten ist, hat auch ökonomische Gründe. Sie liefert bisher ungekannten Wohlstand – oder gibt dem Einzelnen zumindest das Gefühl, dass die Zukunft besser werden kann.
Doch so selbstbewusst sich die Parteiführung gibt, so sehr ist sie sich der Anfälligkeiten ihres Systems bewusst. „China unter Xi Jinping ist im Alarmzustand, was internationale Beobachter oft übersehen“, sagt Miko Huotari, Chef des China-Instituts Merics in Berlin. „Xi Jinpings immer fester verwurzelte Herrschaftsphilosophie ist um Krisenverhinderung und Risikomanagement gebaut.“