EU will Sanktionen gegen Polen

Justizstreit: Kommission beantragt tägliches Bußgeld. Polnische Politiker orten Aggression.
Brüssel Die EU-Kommission erhöht den Druck auf Polen. Es geht um den Streit über die Ausrichtung des Justizsystems des Mitgliedstaats. Die Europäische Union will nun mit Finanzsanktionen den Druck auf das Land erhöhen. Man habe beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) tägliche Bußgelder gegen Polen beantragt, teilte die EU-Kommission am Dienstag mit. Dadurch solle der Staat zur Einhaltung vorangegangener EuGH-Urteile bewegt werden. In Warschau warfen Regierungsmitglieder der EU einen politischen Angriff auf ihr Land vor.
„Justizsystem nicht geschützt“
Als Grund für den ungewöhnlichen Schritt gab die EU-Kommission an, dass Polen sein Justizsystem nicht schütze. Das tägliche Bußgeld solle so lange verhängt werden, bis das Land die Arbeitsweise seines Obersten Gerichts verbessere und neue Gesetze aussetze, mit denen die Unabhängigkeit der Justiz untergraben würde. Zur gewünschten Höhe des Bußgelds machte die EU-Kommission zwar keine Angaben. Doch hatte der EuGH in dem einzigen ähnlich gelagerten Fall 2017 eine Strafe von täglich 100.000 Euro gegen Polen verhängt. Damals ging es um ein vom Gericht verfügtes Abholzungsverbot in einem polnischen Wald, über das sich Warschau hinwegsetzte.
Aktueller Zankapfel ist vor allem eine am Obersten Gericht Polens etablierte Disziplinarkammer, die mit Billigung der Regierungspartei PiS Richter maßregeln kann. Im Juli hatte der EuGH die einstweilige Auflösung der Kammer angeordnet, doch arbeitet sie weiter. Viele polnische Richter sehen in dem Gremium ein Werkzeug, um Kollegen zu Urteilen im Sinne der Behörden zu drängen. Bisher hat die PiS zwar viele Stellen in höheren Instanzen der Justiz mit Wunschkandidaten besetzt, doch haben viele Richter an rangniederen Gerichten schon Urteile gefällt, die den Interessen der Regierung zuwiderliefen.
Scharfe Kritik aus Polen
Spitzenpolitiker in Warschau reagierten ungehalten auf die Schritte in Brüssel. Die EU übe Akte der Aggression aus, erklärte Vize-Justizminister Sebastian Kaleta. Marcin Romanowski, ein anderer stellvertretender Justizminister, erklärte, dass Brüssel einen weiteren unrechtmäßigen Angriff zu einer Zeit gestartet habe, in der Polen die östlichen Grenzen der EU verteidige. Damit verwies er auf Vorwürfe, wonach Belarus bewusst Migranten über die Grenze kommen lässt, um die EU unter Druck zu setzen. EU-Vize-Kommissionspräsidentin Vera Jourova verteidigte die Maßnahmen. Die Urteile des EuGH müssten in der EU geachtet werden.