Über Politiker als Übergangslösungen
Als Interims- oder Übergangslösung wurde Gabriele Sprickler-Falschlunger bereits bei ihrer Kandidatur bezeichnet. Die neue alte SP-Chefin hat die Aufgabe übernommen, die Scherben ihrer Vorgänger zu kitten. Sie geht die Aufgabe mit wenig Eitelkeit und viel Engagement für eine Kleinpartei an. Wenn Männer sich gegenseitig im Weg stehen, müssen eben Frauen das Ruder übernehmen.
Wie schnell es ihr gelingt, der SPÖ wieder Gesicht und Relevanz zu geben, hängt allerdings immer noch von den Männern der Partei ab. Die beiden Bürgermeister Michael Ritsch und Martin Staudinger sowie Klubobmann Thomas Hopfner haben nach wie vor die mächtigsten Positionen inne. Sprickler-Falschlunger bleibt nur ihre persönliche Autorität, eine Position mit Einfluss hat sie weder im Landtag noch im Nationalrat. Dafür kann sie sich im Bundesparteivorstand mit Pamela Rendi-Wagner über männliche Intrigen austauschen. Ehrenamtlich sozusagen.
Es soll jetzt um die Sache gehen, also die Qualifikation der künftigen Landtagskandidaten, und nicht um Personen, meinte die neue Landesparteichefin. Eine typisch weibliche Haltung, die Frauen oft den Weg in Spitzenämter versperrt. Vor allem wenn es um Positionen geht, sind Männer meist skrupellos die Schnelleren. Die mühseligen Aufräumarbeiten überlassen sie dann gerne wieder den Frauen. Aus Altersgründen wäre Sprickler-Falschlunger eine neuerliche politische Karriere jedenfalls nicht verwehrt. Die letzten Bundespräsidentschaftskandidaten etwa waren bei ihrer Kandidatur 84 (Richard Lugner), 75 (Andreas Khol), 72 (Alexander Van der Bellen) und 65 (Rudolf Hundstorfer). Im Moment sind junge Politiker in Österreich ohnehin nicht gerade beliebt.
Egal ob jung oder alt, ob Frau oder Mann, ob SPÖ oder ÖVP, ob Vorarlberg oder Wien: Für alle wird es eine Mammutaufgabe, das verlorene Vertrauen der Bevölkerung in die Politik und ihre Spitzenvertreter wieder zurückzugewinnen. Die richtige Mischung aus öffentlichem Austausch von Standpunkten in einer Demokratie, ohne gleich als Streithanseln interpretiert zu werden, ist heikler denn je. Wenn sich Sprickler-Falschlunger diese undankbare Aufgabe antut, dann hat sie es jedenfalls nicht verdient, als Notlösung dargestellt zu werden.
Der neue Bundeskanzler Alexander Schallenberg sieht sich selbst als Übergangslösung. Er kehrt die Scherben seines Vorgängers und Chefs Sebastian Kurz zusammen. Kurz hat viele Hoffnungen geweckt: mit seinem neuen Stil, mit der Beendigung von Rot-Schwarz, mit Türkis-Grün. Doch für eine Partei gilt wie beim Pokern: Setze nie alles auf eine Karte! Für die Zukunft braucht es wieder echte Teamplayer statt Freundeskreise und Verhinderer. Sprickler-Falschlunger und Schallenberg können den Übergang in die Zeit nach den politischen Affären aufzeigen.
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