Neue Verhandlungsrunde von Kiew und Moskau in Istanbul

Politik / 29.03.2022 • 09:47 Uhr
Neue Verhandlungsrunde von Kiew und Moskau in Istanbul
Türkische Wachen beim Treffen der beiden Kriegsparteien. AP Photo/Emrah Gurel

Rund viereinhalb Wochen nach der russischen Invasion in die Ukraine treffen sich Delegationen aus der Ukraine und Russland zu einer neuen Verhandlungsrunde in Istanbul.

Istanbul Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan begrüßte die Verhandler am Dienstag im Dolmabahce-Büro des Präsidenten. Danach wollten die Delegationen zu Gesprächen zusammenkommen. Es sei in den Händen beider Seiten, die “Tragödie” zu beenden, so Erdogan. Von einem Waffenstillstand würden alle profitieren.

Die russischen Unterhändler waren am Montag in der türkischen Metropole eingetroffen, wo bereits am 10. März eine frühere Verhandlungsrunde auf Außenministerebene stattgefunden hatte – allerdings ergebnislos. Die Gespräche wurden anschließend per Videokonferenz fortgesetzt. Der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hatte jedoch am Montag erst gesagt, dass es bisher keine “signifikanten Fortschritte” gegeben habe.

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Auch der ukrainische Außenminister äußerte sich vor Beginn der Verhandlungen skeptisch über deren Erfolgsaussichten. “Wenn wir sehen, dass sich die Stimmung geändert hat und sie zu einem ernsthaften, substanziellen Gespräch und ausgewogenen Vereinbarungen bereit sind, dann werden die Dinge vorankommen”, sagte Dmytro Kuleba. “Wenn es sich um eine Wiederholung ihrer Propaganda handelt, werden die Gespräche erneut scheitern.”

Erdogan, der gute Beziehungen zu Kiew und Moskau unterhält, hatte sich am Montagabend hingegen optimistisch gezeigt. Die Verhandlungen zwischen der ukrainischen und der russischen Delegation gestalten sich aber äußerst schwierig. Kiew will einen Abzug der russischen Truppen und Sicherheitsgarantien. Moskau fordert einen NATO-Verzicht der Ukraine sowie eine Anerkennung der abtrünnigen ostukrainischen Separatistengebiete als eigene Staaten und der 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim als Teil Russlands.

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gab sich zuletzt gesprächsbereit über die von Russland geforderte Neutralität seines Landes. Er hatte allerdings betont, über jegliche Einigung in einer Volksabstimmung entscheiden zu lassen. Außerdem hatte er ein persönliches Gespräch mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin gefordert, was der russische Außenminister Sergej Lawrow zuletzt als “kontraproduktiv” zurückgewiesen hatte.

Streubomben im Einsatz?

Die russischen Streitkräfte haben nach Angaben der ukrainischen Behörden Streubomben in der Ukraine eingesetzt. “Wir haben Beweise für den Einsatz von Streubomben in der Region Odessa und im Gebiet Cherson”, sagte Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa. Laut einem Insider aus dem US-Außenministerium ist Russlands Präsident Wladimir Putin zu keinerlei Kompromissen bereit, um den Krieg zu beenden. Unterdessen wurde erneut ein Treibstofflager von russischen Raketen getroffen.

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Ukrainischer Schützengraben bei Kiew. Anatolii Stepanov / AFP

Streubomben verteilen Dutzende von winzigen Sprengladungen über ein Gebiet und stellen häufig für Zivilisten eine langfristige Gefahr dar. Einige der Sprengladungen explodieren nicht sofort und werden so de facto zu Landminen, die oft auch lange nach Beendigung eines Konflikts noch scharf sind und schwere Schäden verursachen können. Ein UNO-Vertrag von 1997 verbietet den Einsatz von Landminen. Wie auch die USA hat Russland diesen Vertrag allerdings nicht unterzeichnet.

Ukraine: Abwehrkämpfe gegen Umzingelung

Ukrainische Streitkräfte versuchen an mehreren Orten, Angriffe russischer Einheiten abzuwehren. Man sei dabei, den russischen Vormarsch auf die Großstadt Slowjansk im Gebiet Donezk im Südosten des Landes sowie auf die Kleinstadt Barwinkowe im Gebiet Charkiw zu stoppen, hieß es im Lagebericht des ukrainischen Generalstabs, der in der Nacht auf Dienstag auf Facebook veröffentlicht wurde. Die Situation sei jedoch weiter angespannt, teilte Präsident Wolodymyr Selenskyj mit.

Im Gebiet Luhansk im Osten des Landes versuche man die Eindämmung russischer Angriffe rund um die Städte Rubischne mit 60.000, Lyssytschansk mit 100.000 und Popasna mit 20.000 Einwohnern. Aus der Umgebung aller drei Städte meldete die Ukraine regelmäßige Gefechte. Damit wolle man verhindern, dass russische Truppen an ukrainischen Streitkräften vorbeiziehen.

Rund um Kiew kämpften die für die Verteidigung der Hauptstadt zuständigen Kräfte weiter und kontrollierten die Situation in den Orten Motyschyn, Lisne, Kapitaniwka und Dmytrivka im Westen Kiews. Ukrainischen Angaben zufolge sind aus der Stadt Irpin im Nordwesten Kiews, die lange schwer umkämpft war, russische Einheiten zurückgeschlagen worden. Das teilten der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der Bürgermeister Oleksandr Markuschyn in zwei separaten Videobotschaften am Montag auf Telegram mit. Markuschyn bat die Einwohner allerdings, noch nicht in die Stadt zurückzukehren, da es dort noch nicht sicher sei. APA