Kompromiss geschmiedet

EU findet Einigung zu Öl-Boykott. Beim Gas schaut es anders aus.
brüssel Nach der mühsamen EU-Einigung auf ein weitgehendes Einfuhrverbot für Öl aus Russland zeichnet sich kein Embargo auch gegen Gas ab. Beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Brüssel machten Länder wie Österreich, Belgien und Estland am Dienstag deutlich, dass es dafür keine Einigkeit gibt. Auch Deutschland ist trotz des Ukraine-Kriegs dagegen, zu schnell aus russischen Gas-Importen auszusteigen.
Über Seeweg verboten
Bislang hatte die EU seit Beginn des russischen Überfalls auf das Nachbarland vor mehr als drei Monaten fünf Sanktionspakete beschlossen. In der Nacht zum Dienstag einigten sich die 27 Staaten dann nach wochenlangem Streit auf ein sechstes Paket. Dazu gehört auch ein Kompromiss beim Öl-Embargo. Auf Druck Ungarns werden jetzt nur russische Öl-Lieferungen über den Seeweg unterbunden. Transporte per Pipeline sollen weiter möglich sein. Zudem bekam Ungarn weitere Zugeständnisse.
Details der Vereinbarung sollen heute, am Mittwoch, von den ständigen Vertretern der EU in Brüssel ausgearbeitet werden. Im Anschluss könnte das Sanktionspaket dann förmlich beschlossen werden. Ob die Entscheidung die ohnehin hohen Energiepreise weiter verteuern wird, war unklar. Österreich hat sich eigenen Angaben zufolge schon im März gänzlich von russischen Öl-Importen verabschiedet. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) begrüßte die Einigung. Gleichzeitig betonte er aber, dass ein Gas-Embargo auch beim nächsten Sanktionspaket kein Thema sei.
Offen ist auch, wie schwer Russland tatsächlich von dem Teil-Embargo getroffen werden wird. Umgesetzt wird es frühestens Ende des Jahres. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell gab zu, dass Moskau nicht zwingend weniger Öl exportieren wird. „Wir können Russland nicht davon abhalten, sein Öl an jemanden anderen zu verkaufen. So mächtig sind wir nicht.“ Die EU sei bislang aber Russlands wichtigster Kunde. „Sie werden sich nach anderen umschauen müssen. Und sie werden sicherlich die Preise senken müssen.“ Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zufolge werden die Öl-Importe der EU aus Russland nun bis zum Jahresende um 90 Prozent reduziert. Grund dafür ist, dass neben Deutschland auch Polen nicht von der Ausnahme für Pipeline-Öl profitieren will. Nach Schätzungen der EU-Denkfabrik Bruegel gaben EU-Staaten bis vor Kurzem noch täglich 450 Millionen Euro für Öl aus Russland aus sowie 400 Millionen für Gas.
Sberbank ausgeschlossen
Teil des neuen Sanktionspakets ist auch, die größte russische Bank Sberbank aus dem Finanzkommunikationsnetzwerk Swift auszuschließen. Auch sollen der staatliche Nachrichtensender Russia 24 sowie Staatssender RTR Planeta und TV Centre in der EU verboten werden.