Russland rückt auf nächstes Ziel vor

Politik / 04.07.2022 • 22:47 Uhr
Ein zerstörtes Geschäft in Slowjansk.
Ein zerstörtes Geschäft in Slowjansk.

Nur wenige blieben im eroberten Lyssytschansk. Pläne für Wiederaufbau der Ukraine.

moskau, kiew Nach der Einnahme der Großstadt Lyssytschansk im Osten der Ukraine rücken die russischen Truppen weiter vor. „In Richtung Slowjansk versuchen die Russen, die Kontrolle über die Ortschaften Bohorodytschne, Dolyna und Masaniwka herzustellen“, teilte der ukrainische Generalstab in Kiew am Montag mit. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht trotz des Rückzugs seiner Armee die Region aber noch nicht als verloren an. In der Schweiz trafen sich Vertreter der internationalen Gemeinschaft, um erste Pläne für den Wiederaufbau zu schmieden.

Fluss überquert

Von Osten her haben die russischen Truppen den Fluss Siwerskyj Donez überquert. Dort versuche der Feind die ukrainischen Kräfte auf eine neue Verteidigungslinie zwischen Siwersk, Soledar und Bachmut zurückzudrängen, hieß es in dem Lagebericht aus Kiew. Diese drei Städte liegen etwa 30 bis 40 Kilometer östlich vom Ballungsraum Slowjansk-Kramatorsk, der als Hauptquartier der ukrainischen Verteidigungskräfte im Donbass gilt. An anderen Frontabschnitten, sowohl im Norden um die Millionenstadt Charkiw als auch im Süden in den Schwarzmeerregionen Saporischschja, Cherson und Mykolajiw, gab es nach ukrainischen Angaben trotz schwerer Artilleriegefechte keine nennenswerten Truppenbewegungen. Unabhängig lassen sich die Angaben nicht überprüfen.

In der von Russland eroberten Stadt Lyssytschansk im Osten der Ukraine sind nach ukrainischen Angaben von einstmals mehr als 100.000 Einwohnern nur noch wenige Tausend übrig geblieben. Der Militärgouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, nannte eine Größenordnung von etwa 10.000. In der Nachbarstadt Sjewjerodonezk, ebenfalls unter russischer Kontrolle, seien etwa 8000 Menschen verblieben. Auch dort lebten vor Beginn des Krieg mehr als 100.000.

Wiederaufbau mit russischem Geld

Die ukrainische Regierung will den Wiederaufbau zu einem großen Teil mit russischem Geld finanzieren. Nötig seien nach Schätzungen mindestens 750 Milliarden Dollar (knapp 720 Milliarden Euro), sagte Regierungschef Denys Schmyhal bei der ersten großen Wiederaufbau-Konferenz in Lugano. Herangezogen werden sollten die rund 300 bis 500 Milliarden Dollar Vermögenswerte des russischen Staates und von Oligarchen, die weltweit eingefroren seien. Die Vereinten Nationen appellieren an die Solidarität der Weltgemeinschaft, um die Folgen des russischen Angriffskriegs zu meistern. Es sei die „gemeinsame Aufgabe der gesamten demokratischen Welt“, die Ukraine wieder aufzubauen, sagte Selenskyj.

Selenskyj war in Lugano zugeschaltet.
Selenskyj war in Lugano zugeschaltet.
Arbeiter untersuchen nach einem russischen Angriff in Kramatorsk einen Krater. AFP
Arbeiter untersuchen nach einem russischen Angriff in Kramatorsk einen Krater. AFP