Darum bleiben Grenzkontrollen Zankapfel

Innenminister will Kontrollen im Süden und Osten verlängern. Aus der Landesregierung gibt es Zuspruch. Asylzahlen gingen zurück.
Magdalena Raos, Matthias Rauch
Wien, Buchs, Schwarzach Eigentlich dürfen Grenzkontrollen im Schengenraum nur zu den Ausnahmen zählen. Doch Österreich will wegen Migrationsbewegungen weiterhin kontrollieren, wie Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) bekannt gab. Zu Ungarn und Slowenien sollen sie um weitere sechs Monate verlängert werden. Dies würde in den nächsten Tagen der Europäischen Kommission mitgeteilt. Von der Vorarlberger Landesregierung gibt es dafür Zuspruch. Die Zahl der Asylanträge ist heuer indes deutlich zurückgegangen.
Auch andere Schengenstaaten haben Kontrollen eingerichtet und wollen diese abermals verlängern, zum Beispiel Deutschland an der Grenze zu Österreich. Die Ausnahmen dauern bereits seit dem Jahr 2015 an. Dabei hatte der Europäische Gerichtshof 2022 eigentlich festgestellt, dass ein Staat solche Kontrollen nur im Fall einer neuen ernsthaften Bedrohung seiner öffentlichen Ordnung oder seiner inneren Sicherheit verlängern darf. Anlassfall waren die österreichischen Kontrollen an der Grenze zu Slowenien.

Karner verwies im Interview mit Ö1 auf einen „unglaublich hohen Migrationsdruck“, den es im Vorjahr gegeben habe. Daher sei es nötig, die Kontrollen fortzusetzen. Dass die Zahl der Asylanträge zurückgegangen ist – 2600 im Februar im Vergleich zu 12.000 im November 2022 –, sei auch Ergebnis davon. Tatsächlich hatten die Anträge im letzten Jahr ein neues Hoch erreicht. Mit insgesamt 112.272 lagen sie sogar über dem sogenannten Rekordjahr 2015 (88.340). Viele Menschen, die einen Antrag stellten, reisten allerdings weiter und blieben nicht in Österreich. Heuer reduzierten sich die Zahlen deutlich. Im Februar kamen die meisten Anträge von Menschen aus Syrien, gefolgt von Afghanistan.
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Grafik vom 30. Jänner 2023.
Zahlen aus der Schweiz verdeutlichen, dass Österreich für viele Migranten aus dem Nahen und Mittleren Osten oft nur eine Zwischenstation auf dem Weg nach Frankreich war. In Spitzenzeiten reisten wöchentlich bis zu 1000 Personen illegal über Buchs in der Schweiz nach Westeuropa weiter. Derzeit stellt die Schweizer Grenzwacht nur mehr an die 100 Personen pro Woche fest, wie die Kantonspolizei St. Gallen den VN erklärt. Insgesamt waren es im Februar an allen Grenzen 2637 illegale Einreisen. Dies sind zwar etwa 700 mehr als vor einem Jahr – aber im November waren es noch allein in der Grenzregion Ost, sprich St. Gallen und Graubünden, 3198 Personen.
Kritik an Österreich
Die slowenischen Nachbarn kritisieren das österreichische Verhalten. Wenn Österreich seine offizielle Begründung für die Verlängerung der Grenzkontrollen bei der Kommission einreiche, werde Ljubljana angemessen antworten, hieß es aus dem Außenministerium des Landes. Auch innenpolitisch regt sich Ärger. Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sieht im Fall Sloweniens „absolut keinen Grund“ für weitere Kontrollen. Anders sieht das der in Vorarlberg zuständige Landesrat Christian Gantner (ÖVP). „Aufgrund der aktuellen Lage in Europa sowie dem Kampf gegen Schlepperkriminalität und Sekundärmigration“ brauche es neben Schwerpunktaktionen in Österreich eine vorübergehende Fortsetzung der Kontrollen, teilte er auf VN-Anfrage mit. Diese Maßnahmen sind Gantner zufolge auch nötig, um Terrorgefahr und organisierte Kriminalität zu minimieren. Anspruch sei, zu den sichersten europäischen Ländern zu zählen. „Dafür müssen wir wissen, wer zu uns einreist.“

Zum aktuellen Zeitpunkt erfüllt Vorarlberg seine mit dem Bund vereinbarte Quote zur Unterbringung der Menschen zu 84,2 Prozent und liegt damit hinter Wien und dem Burgenland auf dem dritten Platz. Im November des Vorjahres lag dieser Wert noch bei etwa 72 Prozent. Wochenlang hatte es einen Streit mit dem Bund über Zelte gegeben, die wegen voller Bundesquartiere in mehreren Ländern aufgestellt wurden. Darunter war auch Vorarlberg. Schließlich konnte der Zwist beigelegt werden, die aufgestellten Bundes-Zelte blieben leer.
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Mit Stand Dienstag befanden sich in Vorarlberg 3276 Menschen in der Grundversorgung. Diese Zahl hat sich im Vergleich zum Monat zuvor nicht wesentlich verändert. 1588 Personen sind Kriegsvertriebene aus der Ukraine, die einen Sonderstatus haben und im Gegensatz zu Asylwerberinnen und Asylwerbern arbeiten dürfen. Dem Sicherheitslandesrat zufolge würden laufend Asylsuchende im Land aufgenommen, durchschnittlich 30 Personen pro Woche. Vertriebene aus der Ukraine kämen derzeit aber nur noch in geringem Ausmaß, meistens im Rahmen einer Familienzusammenführung, nach Vorarlberg.
In 82 Gemeinden Quartiere
Den Angaben des Landesrates zufolge sind momentan in 14 Vorarlberger Gemeinden keine Flüchtlinge untergebracht. In 82 gebe es Quartiere, darunter das größere Erstaufnahmezentrum in Nenzing, das von der Betreuungsorganisation ORS geführt wird. 564 Unterkünfte sind privat, 266 von der Caritas organisiert. Davon hätten elf mehr als 25 Menschen untergebracht. Im Frühling sollen nun auch wie geplant die zwei neuen Asylquartiere in Koblach in Betrieb gehen, die VN berichteten. Laut Gantner ist das Ende des Monats vorgesehen.