Neu vermessen: Eine Landesgrenze in 147 Zeichen

Die Landesgrenze zwischen Tirol und Vorarlberg wird alle zehn Jahre kontrolliert. Von verschwundenen Grenzzeichen, Gesetzesnovellen und überraschenden Besitzverhältnissen.
Bregenz, Innsbruck Wer über den Arlberg nach Tirol fährt, passiert dabei eine Landesgrenze, für aufmerksame Augen per Grenzstein gekennzeichnet. Und auch wenn diese Grenze im doppelten Sinne in Stein gemeißelt ist, beschäftigt sie regelmäßig Vermesser und Landtage. So auch heuer.

In Stein gemeißelt bezieht sich nicht nur auf die überwiegend aus behauenem Stein und Beton gefertigten Grenzsteine, die Vorarlberg von seinem Nachbarn abgrenzt. Auch der Grenzverlauf orientiert sich an der natürlichen Barriere und folgt den Gebirgsgraten vom Haldenwanger Eck über den Arlberg bis zur Dreiländerspitze. Mit großen Veränderungen ist hier an sich nicht zu rechnen. Dennoch wird die Grenze alle zehn Jahre begutachtet – und landet dann beinahe unumgänglich vor beiden Landtagen.
147 Grenzzeichen zu Tirol
Denn der Grenzverlauf und vor allem deren Markierung ist im Anhang des „Gesetz(es) über die Feststellung des Verlaufs der Landesgrenze zwischen den Ländern Vorarlberg und Tirol“ auf 24 der 26 Seiten detailliert beschrieben. Und diese Grenzzeichen sind im Gegensatz zu den Berggraten laufender Veränderungen unterworfen.

Beispiel gefällig? Das Zeichen Nr. 88 im Betonboden der Bergstation Schindlergratbahn fiel dem Umbau der Station zum Opfer und befindet sich daher nicht mehr, wie 2009 festgehalten, „etwa 2,5 Meter nördlich der Südostecke des Stationsgebäudes“. Dies muss nun im Gesetz korrigiert werden – und zwar sowohl im Tiroler wie im Vorarlberger Landesgesetz zur Grenzführung. Ein anderes Grenzzeichen zeigt die falsche Jahreszahl auf, diese muss korrigiert werden.

In diesem Falle handelt es sich um eine Bronzetafel im Boden – eine eher seltene Art der Grenzmarkierung. Sie finden vor allem bei Staatsgrenzpunkten Verwendung oder an Stellen wie der Bergstation, wo Grenzsteine eher hinderlich wären. Ansonsten ist es eher unüblich, dass die Grenzmarkierungen verschwinden. Sie sind jedoch der Witterung und Vegetation ausgesetzt und müssen daher regelmäßig saniert und erneuert werden. Auch dies wird bei der zehnjährlichen Revision festgestellt. Insgesamt 147 solche Grenzzeichen gibt es allein zwischen Tirol und Vorarlberg. Gezählt werden diese von Süden nach Norden. Jene zu den Nachbarn Deutschland, Liechtenstein und der Schweiz werden von den Bundesvermessern betreut.
Überraschungen
Bei diesen Revisionen kommt es aber auch zu Überraschungen: So musste Vorarlberg in den 1950ern feststellen, dass gerade am anfänglich erwähnten Arlbergpass die Grenze nicht dem Grat folgt, sondern zu weit westlich liegt. Vorarlberg verlor dadurch neun Quadratkilometer an Tirol. Schuld daran dürfte die Steuerkatastererstellung im 19. Jahrhundert gewesen sein, bei der auf bestehende Besitzverhältnisse Rücksicht genommen wurden. Da die Passhöhe im Tiroler Eigentum war, liegt diese bis heute im Tirol.