Aktuelle Stunde im Landtag: Ein Rundumschlag vor der Sommerpause

Vor allem die geschäftsführende SPÖ-Klubobfrau Manuela Auer und Landeshauptmann Markus Wallner ließen in der Aktuellen Stunde kein gutes Haar aneinander.
Bregenz “Gesundheit, Pflege, Sicherheit, Kinderbetreuung und Schule: die unzähligen Baustellen der Landesregierung.” Kein kleineres Thema wählte die SPÖ für die letzte “Aktuelle Stunde” in der letzten Landtagssitzung vor der Sommerpause. Vor allem den Fachkräftemangel machte die geschäftsführende Klubobfrau Manuela Auer dafür verantwortlich. Die Landesregierung unternehme zu wenig dagegen. Sie ließ sich außerdem die Möglichkeit zu einer symbolkräftigen Rede nicht nehmen: Mit einem weißen Helm, ausgeliehen von der Bildungsgewerkschaft – schwarze Aufschrift auf gelbem Grund: “Baustelle” – stellte sie sich ans Podium und holte zum Rundumschlag aus: “Es fehlt überall an Personal!”

Da sei zum Beispiel das Problem im Gesundheitssystem. Auer berichtete von Ärztinnen und Ärzten, die eine Kassenstelle gewollt, diese aber nicht bekommen hätten. Sie berichtete von gesperrten Stationen: “Wir machen seit zehn, zwanzig Jahren auf den Ärztemangel, auf den Pflegemangel aufmerksam. Das ist wie wenn ein Traktor auf einer Autobahn unterwegs ist.” Und die attraktiven Arbeitsbedingungen, die in diesem Bereich fehlen würden, seien auch in den anderen Bereichen – bei den Lehrerinnen oder der Elementarpädagogik – ein Thema. Das alles ist laut Auer ein “Versagen der Politik”. Die Betroffenen würden in allen Bereichen viel zu wenig einbezogen, sprach sie die Landesregierung direkt an: “Es wird zu lasch, zu langsam und zu wenig effizient gehandelt. Und dieser Vorwurf kann Ihnen gemacht werden.”

Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) ließ das in seiner Replik kurz darauf nicht auf sich sitzen. Eher im Gegenteil. Jetzt holte dieser zum Rundumschlag aus und zwar in Richtung Auers Sozialdemokratie. Zunächst versuchte er, ihre Darstellung in seinem Sinne umzukehren (“Wenn von Baustelle die Rede ist, wird versucht, das Bild zu erzeugen, als wäre das etwas Negatives. Ich glaube, wir sind uns als ‘gstandene’ Vorarlberger einig, dass eine Baustelle bedeutet, dass gearbeitet wird.”) um dann die SPÖ selbst in die Pflicht zu nehmen: “Sie haben viele Vorwürfe erhoben, Frau Kollegin Auer, aber ich habe wenig Rezepte gehört.” Von wem der größte Widerstand gegen die Einführung der Pflegelehre gekommen sei, fragte Wallner in den Raum. SPÖ-Gewerkschafterin Elke Zimmermann kam ihm mit einem Zwischenruf zuvor: “Vo üs!” Wallner kritisierte das: “Wenn wir nur einen minimalen Versuch für mehr Fachkräfte in diesem Bereich starten, kommt der Hauptwiderstand aus Ihrer Ecke.”

Ähnliches gelte, so Wallner, bei der verkürzten Ausbildung in der Elementarpädagogik und für die Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung aus der SPÖ. Die bereite ihm “echte Sorgen”, denn das würde den Druck auf Mitarbeitende weiter verschärfen. Das sei “ein Konzept aus der Mottenkiste der SPÖ”, so Wallner. Vielmehr gelte es – angesichts des aus seiner Sicht zu hohen Anteils von arbeitslosen Jugendlichen – an Stellschrauben im Land zu drehen: “Das heißt, sich zu konzentrieren auf die Ausbildungsgarantien, auf die Lehre, auf die Berufsschulen.” Jugendliche müssten für Sozialberufe interessiert werden: “Und da wird uns auch niemand helfen, nicht im Bund oder sonst irgendwo.”

Bei der schwarz-grünen Landesregierung sei in dieser Frage “gepflegte Unwissenheit und Untätigkeit Programm”, pflichtete FPÖ-Mandatar Hubert Kinz seiner Kollegin Auer bei. Es bedürfe einer neuen Personalstrategie und mehr Wertschätzung. Dass Ausbildungen weitgehend akademisiert wurden, habe das Problem noch verschärft, etwa in der Pflege. Der Neos-Abgeordnete Johannes Gasser spannte den Bogen weiter: Der eklatante Fachkräftemangel betreffe alle Lebensbereiche, nicht nur die Daseinsvorsorge. Es müsse gelingen, mehr Menschen länger in Arbeit zu halten. Dazu brauche es Entlastungen beim Faktor Arbeit, eine Pensionsreform, qualifizierte Zuwanderung und einen Ausbau der Kinderbetreuung. Man könne diesbezüglich nicht alles in Vorarlberg lösen, aber sehr wohl einen Anstoß geben.
