Präsident entmachtet

Politik / 27.07.2023 • 22:37 Uhr
Unterstützer des Putsches versammeln sich vor der Nationalversammlung in Niamey. Auch eine russische Flagge ist zu sehen.  AP
Unterstützer des Putsches versammeln sich vor der Nationalversammlung in Niamey. Auch eine russische Flagge ist zu sehen.  AP

Putsch in Niger: Armee stellt sich auf Seite der rebellierenden Militärs.

niamey Mit einem Militärputsch gegen den nigrischen Präsidenten Mohamed Bazoum haben europäische Bemühungen um eine Stabilisierung der Sahelzone einen schweren Rückschlag erlitten. Nachdem Offiziere der Präsidentengarde den im Februar 2021 gewählten Bazoum am Vortag festgesetzt und für entmachtet erklärt hatten, stellte sich die Armee am Donnerstag auf die Seite der rebellierenden Militärs. 

Militär warnt

Die Streitkräfte begründeten ihre Entscheidung damit, die „körperliche Unversehrtheit des Präsidenten und seiner Familie gewährleisten“ sowie eine „tödliche Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Sicherheitskräften“ vermeiden zu wollen. Das Militär warnte ausländische Staaten auch davor, militärisch einzugreifen. Dies könnte verheerende Folgen für das Land haben. Unbestätigten Berichten zufolge könnte nun der Chef der Präsidentengarde, General Omar Tchiani, die Führung eines Militärrats übernehmen.

Bazoum hatte zuvor zum Erhalt der demokratischen Errungenschaften des Landes aufgerufen. „Alle Nigrer, die Demokratie und Freiheit lieben, werden dafür sorgen“, schrieb Bazoum auf Twitter. EU-Ratspräsident Charles Michel teilte mit, dass er mit Bazoum gesprochen und ihm die Unterstützung der EU zugesichert habe. Die Europäische Union verurteile den Destabilisierungsversuch im Niger auf das Schärfste. Auch die Vereinten Nationen, die USA und die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas forderten eine Freilassung Bazoums und die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung. Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso seit 2020 war der Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde. Erst Ende 2022 hatte die EU eine Militärmission im Niger beschlossen, um den Terrorismus in der Region zu bekämpfen. Die EU will vorerst noch keine Entscheidung über ein mögliches Ende der Militärunterstützung treffen.

Der Niger ist in den letzten Jahren in den Mittelpunkt der westlichen Bemühungen gerückt, dem gewaltsamen Vormarsch der Dschihadisten in Westafrika und auch einem wachsenden militärischen Einfluss von Russland entgegenzuwirken. Die Putsche in Mali und Burkina Faso gingen mit einer Abwendung von europäischen Partnern und zuletzt der Forderung nach Abzug der UN-Friedensmission zur Stabilisierung Malis einher. Das Dreiländer­eck wird seit Jahren von Gruppen terrorisiert, die den Terrormilizen Al-Kaida und IS anhängen.

Wichtiges Transitland

Für die EU ist die Lage im Niger auch bedeutend, weil es eines der wichtigsten Transitländer für afrikanische Migranten ist, die die Küsten des Mittelmeeres erreichen und von dort aus nach Europa übersetzen wollen. Deshalb hatten die EU und Niger im vergangenen Sommer vereinbart, beim Thema Menschenschmuggel enger zusammenzuarbeiten. Der Niger gehört mit seinen rund 26 Millionen Einwohnern zu den ärmsten Ländern der Welt.