Premiere für Innsbruck
Auf die Grünen wartet im kommenden Superwahljahr in Innsbruck eine besondere Herausforderung. Ihr erster Bürgermeister einer Landeshauptstadt stellt sich am 14. April der Wiederwahl. Georg Willi genießt zwar nach wie vor hohe Popularität, seine Viererkoalition mit ÖVP, SPÖ und der Liste für Innsbruck ist allerdings bereits im Frühjahr 2021 geplatzt. Seither scheitert Willi mit seinen Plänen stets an der von ihm genannten „rechtskonservativen Allianz“ in der wahrscheinlich am stärksten von Studierenden geprägten Stadt Österreichs. Im Gegenzug werfen ihm seine politischen Gegner mangelnden Teamgeist und eine chaotische Amtsführung vor. Selbst aus der eigenen Partei traten drei Gemeinderäte aus und gründeten einen eigenen Klub. 2023 ermittelte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen Untreue und Amtsmissbrauch, stellte aber nach wenigen Monaten die Untersuchung ein.
Innsbruck zu regieren gleicht dem verzweifelten Versuch einen Flohzirkus zu bändigen. Der Gemeinderat ist mit 40 Mandaten größer als der Landtag. Derzeit sitzen darin elf Parteien und zwei freie Mandatare. Die beiden größten (!) Gruppierungen kommen auf je sieben Mandate, vier sind hingegen Einmann-Fraktionen. 1977 gab es zuletzt mit der ÖVP eine Partei mit absoluter Mehrheit. Das prinzipiell kleinparteienfreundliche kommunale Wahlrecht hat in Innsbruck zu einer unübersichtlichen politischen Landschaft und stetiger gegenseitiger Blockade geführt, an der die meisten Bürgermeister nur scheitern können. Um diese Unkultur einzudämmen, haben der Innsbrucker Gemeinderat und der Tiroler Landtag eine Vier-Prozent-Hürde für Innsbruck beschlossen. Das bedeutet, dass zukünftig – ähnlich wie im Nationalrat – Parteien erst ab diesem Wahlergebnis Mandate zugeteilt bekommen. Innsbruck ist somit die erste Gemeinde Österreichs, die kleine Parteien zugunsten einer leichteren Regierbarkeit schlechter stellt.
„Innsbruck ist die erste Gemeinde Österreichs, die kleine Parteien zugunsten einer leichteren Regierbarkeit schlechter stellt.“
Ob Willi davon noch profitiert, weiß er in spätestens vier Monaten nach der Stichwahl. 2018 setzte er sich mit 53 Prozent gegen die Amtsinhaberin Christine Oppitz-Plörer durch. Diese hat nun drei ÖVP-nahe Listen wieder vereint und mit Staatssekretär Florian Tursky einen überregional bekannten Spitzenkandidaten gefunden. Seine Rückkehr nach Tirol sei fix, auch wenn er nicht Bürgermeister werde, kündigte dieser siegessicher an. Er setzt auf seine Popularität nach nicht einmal zwei Jahren in der Bundesregierung und weniger auf seine Partei. Im neuen Namen „das neue innsbruck.“ fehlen die Buchstaben ÖVP und dominiert die Farbe Orange.
Wie in alten Zeiten hielt die Einheit der ÖVP in Innsbruck nicht lange. Der ausgebootete Vizebürgermeister Johannes Anzengruber kündigte eine eigenständige Kandidatur an. Unterstützt wird er dabei von der inzwischen ebenso aus der ÖVP ausgeschlossenen Gemeinderätin Mariella Lutz. Sie ist die Lebensgefährtin des FPÖ-Kandidaten und Vizebürgermeisters Markus Lassenberger, der als lachender Dritter aufsteigen könnte. Bis die Vier-Prozent-Hürde auch in den Köpfen angekommen ist, bleibt Innsbruck die Stadt der Ränkespiele.
FH-Prof. Kathrin Stainer-Hämmerle, eine gebürtige Lustenauerin, lehrt Politikwissenschaften an der FH Kärnten.
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